Zu Gast bei Kastellan Ulricus
Am Wegesrand (Teil 8)
Es ist einsam und friedlich auf der Schönburg, zumindest an einem trüben Wochentag. Der Wind weht leise durch die alten Mauern. Das Leben spielt sich an anderen Orten ab. Künftig soll sich dies ändern, Besucher sollen auf diesen Ort aufmerksam gemacht werden. Die Schönburg eine weitere touristische Attraktion des Saale-Unstrut-Gebietes?
Einer der für die Burg Engagierten ist der Naumburger Uwe Baumgart. Im vergangenen Jahr erschien aus seiner Feder eine neue Fassung der Geschichte der alten Bischofsfeste. Vom Erlös kommen zwei Mark je Heft der Erhaltung dieser Anlage zugute. Uwe Baumgart nennt den Grund für seine Bemühungen: "Die Schönburg führte lange Zeit ein Schattendasein und wurde stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sie geschichtlich bedeutsamer als andere Burgen." Beim Rat der Stadt Naumburg - der die Burg gehört - legte Baumgart kürzlich ein Sanierungs- und Nutzungskonzept vor. Danach sollen Teile der Burg rekonstruiert werden, die Gastronomie soll Einzug halten, ein kleiner Museumsladen entstehen und vieles mehr ... Eine Chance sieht Uwe Baumgart auch in Angeboten für Schulen und Gymnasien, die auf der Schönburg ihren Geschichtsuntericht anschaulich gestalten könnten. Aber dies alles ist noch Zukunftsmusik, auch wenn die ersten Schritte schon gegangen seien, wie Uwe Baumgart betont
Für ihn und die anderen Freunde der Schönburg ist es wichtig, den Menschen zu zeigen, daß sie in einer geschichtlich interessanten Region leben. "Wer weiß noch etwas vom Bistum Naumburg-Zeitz und seiner Bedeutung? Die Leute reisen sonstwohin und sehen gar nicht was vor ihrer eigenen Haustür liegt", betont Baumgart
Als erste Siedler sind an Saale und Unstrut die Kelten im fünften Jahrhundert vor Christus nachweisbar, dann kamen aus dem Osten die Germanen, diesen wiederum folgten im Zeitalter der Völkerwanderung die Slawen. Die Flüsse Saale, Unstrut und Elbe wurden zur natürlichen Grenze. Die Schönburg aber liegt im ehemals sorbischen Gebiet. Sie wurde nach der deutschen Expansion unter Heinrich I. (gestorben 936 in Memleben) errichtet, vielleicht unter Verwendung älterer sorbischer Befestigungsbauten
Eng ist die Wehranlage mit dem Bistum Naumburg-Zeitz verbunden, das 967 gegründet wurde. In der Schönburg, die als "Burgward" eine Wehranlage mit mehreren Wirtschaftshöfen, eigener Gerichtsbarkeit und eigenem Münzrecht war, herrschte der Naumburger Bischof als uneingeschränkter Herr. In seiner Abwesenheit lagen die Geschäfte der Burg in der Hand sogenannter Kastellane. So ist 1157 ein Ulricus als erster Kastellan nachweisbar. Die Schönburg gilt auch als Stammburg des gleichnamigen sächsischen Adelsgeschlechtes, so der Fürsten von Schönburg-Waldenburg oder der Grafen von Schönburg-Glauchau. Wie Uwe Baumgart in seinem Heft zur Burggeschichte schreibt, dienten die Schönburgs auch nach ihrer Ansiedelung im Muldental im gesamten 13. und 14. Jahrhundert weiter den Naumburg-Zeitzer Bischöfen
Mit Sicherung der deutschen Vorherrschaft kam es im Laufe der Zeit immer wieder zu Konflikten zwischen geistlicher und weltlicher Macht. So war diese Zeit für die Naumburger Region alles andere als friedlich. Im Bestreben der Meißner Markgrafen, ihre Macht auszubauen, kam es beispielsweise zu Kämpfen zwischen Dietrich dem Bedrängten mit Bischof Engelhardt. Diese wurden unter ihren Nachfolgern fortgesetzt. Bischof Dietrich von Naumburg-Zeitz wandte sich 1247 sogar an den Papst mit der Bitte, auf Markgraf Heinrich den Erlauchten einzuwirken, die Bedrängungen des Bistums aufzugeben. Von 1255 bis 1259 entbrannte der Konflikt erneut und Bischof Dietrich unterlag. Als Zeichen seines Sieges soll sich Heinrich von Juli bis September 1259 auf der Schönburg aufgehalten haben
Der Niedergang der Burg begann mit dem thüringisch-sächsischen Bruderkrieg im 15. Jahrhundert, wobei große Teile der Schönburg zerstört wurden. Das Geschehen war blutig. Die Einwohner zogen sich 1446 vor den Truppen Herzog Wilhelms in die Burg zurück. Diese jedoch erstürmten die alten Mauern, töteten die Flüchtenden, entführten alles Vieh und legten schließlich Feuer
Inzwischen sind wieder Jahrhunderte über die alte Burg an der Saale hinweggegangen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts - mit Erwachen eines breiten Geschichtinteresses - rückte die Schönburg wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Verbunden ist sie auch mit der Biographie Friedrich Nietzsches. 1860 gründete er hier - selbst erst 16jährig - mit Freunden einen künstlerisch-wissenschaftlichen Verein "Germania". Vom Turm sollen sie damals eine Flasche Naumburger Rotweins als "Weihegabe" in die Tiefe geschleudert haben
Übrigens der Wein: Im Bestreben für die Zukunft der Burg wird er bald eine Rolle spielen. Wenn alles klappt, so Uwe Baumgart, wird es ab nächstem Jahr einen "Schönburger Bischofstrunk" zu kaufen geben. (jak)
Info: Turmbesteigung, Sonnabend und Sonntag von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr. Das Heft "Die Schönburg - Bischofsburg zu Naumburg" von Uwe Baumgart kostet 12,80 Mark und ist in verschiedenen Buchhandlungen Naumburgs oder direkt an der Schönburg im Café Polz zu kaufen
Kontaktadresse: Uwe Baumgart, Burgstraße 42 in 06618 Naumburg
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 20.09.1998