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Aus der Region

Neues Buch "Zeitenwende-Glaubenswende"

Erschienen im St. Benno Verlag

"In was für Zeiten leben wir eigentlich?" Dieser spannenden Frage, die nach der politischen Zeitenwende von 1989 und der spürbaren Annäherung an das Jahr 2000 immer häufiger gestellt wird, geht das soeben beim Leipziger St. Benno-Verlag erschienene kleine Buch "Zeitenwende - Glaubenswende. Beiträge aus Religion und Gesellschaft" nach. Herausgeber Thomas Brose hat dafür Beiträge unterschiedlichster Autoren zusammengetragen, die überwiegend persönliche Nahaufnahmen und Sichtweisen nahebringen und auf diese Weise zum Nachdenken über die gegenwärtige Zeiten- und Glaubenswende einladen

"Beim Überschreiten einer entscheidenden Schwelle befällt den Menschen ein tiefsitzendes Angstgefühl", stellt Eugen Biser fest. Der renomierte Münchener Theologe beläßt es nicht bei dieser Diagnose, sondern spricht hoffnungsvoll von der Möglichkeit einer "Glaubenswende". Damit benennt er das Schlüsselthema des kleinen Buches. In einem höchst lesenswerten Beitrag läßt sich Eberhard Tiefensee von diesem Problem herausfordern. Eindringlich warnt der Erfurter Philosoph und frühere Leipziger Studentenpfarrer davor, über die jüngste Kirchengeschichte stillschweigend hinwegzugehen. Gerade ein - im Umgang mit Schuld und Vergebung - erfahrenes Christentum könne "integrierend, stimulierend und kritisierend" daran mitwirken, daß sich neue deutsche Identitäten bilden, so der Hochschullehrer am Philosophisch-Theologischen Studium Erfurt

"Über die Erosion des Glaubens und das fortbestehende rituelle Interesse" denkt Johannes Röser nach. Der Chefredakteur des "Christ in der Gegenwart" konstatiert eine Art "Volksreligiosität ohne Gott". Röser plädiert dafür, hier einen Anknüpfungspunkt zu sehen, erinnert aber daran, daß wir in einer "Bildungs-Gesellschaft" leben. Deshalb komme es auf die Bereitschaft einer qualifizierten Minderheit an, die Substanz des Glaubens für die Zukunft zu bewahren. Der Chefredakteur der "Herderkorrespondenz", Ulrich Ruh, geht dem Vorwurf nach, die Kirche selbst stehe gelingender Verkündigung im Weg, und stellt klar: "Fundamentalismus ist keine katholische Option". Vielmehr habe Kirche unter den schwierigen Bedingungen der Bundesrepublik den Glauben weiterhin dialogisch auszulegen

Hans Maier verweist auf einen Ausspruch Sören Kierkegaards: "Das, womit du gleichzeitig lebst, ist Wirklichkeit für dich" und tritt damit verbreiteten apokalyptischen Erwartungen entgegen. Am Ende des Jahrhunderts erinnert der Inhaber des Münchner Guardini-Lehrstuhles daran, daß das konkrete Gottesreich nicht "unser Reich" ist, sondern daß "göttliche Gnade daran baut - oft unmerklich, oft unerträglich langsam für unsere Ungeduld, aber doch wirksam."

Perspektiven werden nochmals geweitet durch Beiträge der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz und des Theologen Hermann Josef Ingenlath. Die Dresdner Wissenschaftlerin kennzeichnet Romano Guardinis Jahre in Berlin als "wegweisendes Zeichen". Sie ist davon überzeugt: Der junge Theologe hat in der deutschen Metropole Zukunftsweisendes geleistet, weil er das Wagnis einging, Gott in religionsfeindlicher Umwelt zur Sprache zu bringen. Auch Ingenlath beschreibt vergangene Umbrüche, um für gegenwärtige Zeichen der Zeit zu sensibilisieren. Selbst einmal auf den Philippinen tätig gewesen, bringt Ingenlath den Lesern den philippinischen Denker und Schriftsteller José Rizal als "Gestalt einer Glaubenswende" nahe

Die, von dem Berliner Theologen Thomas Brose herausgegebenen "Beiträge aus Religion und Gesellschaft" enthalten keine Ferndiagnosen. Sie laden jedoch dazu ein, nach geistigen und spirituellen Dimensionen des Epochenwechsels Ausschau zu halten. Hinzu kommt: Sie richten den Blick auch nach Osten, wie beispielhaft am Gespräch der beiden polnischen Dissidenten Józef Tischner und Adam Michnik abzulesen ist

(ep)

Zeitenwende - Glaubenswende. Beiträge aus Religion und Gesellschaft, herausgegeben von Thomas Brose, Leipzig, St. Benno-Verlag, 1998, 179 Seiten, kartoniert, ISBN 3-7462-1287-1, 19,80 Mark.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 40 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.10.1998

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