Rumänien: Viele arme Menschen in einem reichen Land
Bischof Gherghel
Erfurt (fr) - Eine außergewöhnliche Geschichtsstunde erlebten kürzlich die Schüler der Klasse 10c der Erfurter Edith-Stein-Schule: Vor ihnen stand nicht ihre Geschichtslehrerin, sondern Bischof Petru Gherghel aus der rumänischen Diözese Iasi. Begleitet wurde der Bischof von Pfarrer Iosif Dobos aus Radauti und Pfarrer Stefan Babias aus Gurahumorului. Sie waren Gäste zur diesjährigen Bistumswallfahrt
Bischof Gherghel sagte den Mädchen und Jungen, er sei zum ersten Mal in einer katholischen Schule. Für ihn und seine Begleiter sei das eine freudige Überraschung. In Rumänien gebe es keine katholischen Schulen. Neben den staatlichen Schulen gebe es einige wenige private Bildungseinrichtungen, aber eben keine konfessionellen Schulen
Auf einer Landkarte zeigte der Bischof den Schülern, wo sein Bistum liegt. In der flächenmäßig großen Diözese Iasi im Nordosten Rumäniens leben rund fünf Millionen Menschen, darunter 300 000 Katholiken. Sie werden in 130 Pfarreien von 270 Priester seelsorgerisch betreut. "Wir haben viele junge Priester", freut sich Bischof Gherghel, "viele von ihnen sind zwischen 30 und 40 Jahre alt". Sein Bistum sei eine ländliche Region, in der viele kinderreiche Familien leben. In den Pfarrgemeinden sei jeden Sonntag eine Messe für Kinder und mit Kindern. Das sei eine gute Basis für die Glaubensunterweisung. "Die jungen Leute sind eine große Hoffnung für die Zukunft, für die Kirche und für Rumänien", ist der Bischof überzeugt
Auf die gesellschaftliche Situation in Rumänien eingehend sagte Bischof Gherghel: "Viele sprechen über Demokratie, aber können damit noch nicht umgehen." Sein Land sei reich, aber die Leute seien arm. Eine große Chance für sein Land sieht der Bischof darin, Freunde zu haben, die Solidarität mit dem rumänischen Volk praktizieren. "In der kommunistischen Diktatur waren wir isoliert. Jetzt ist Solidarität möglich." Hilfe komme aus Deutschland, Österreich und Italien und dafür sind wir sehr dankbar, so Petru Gheghel
Natürlich hatten die Schülerinnen und Schüler viele Fragen an ihren Gast. "Welche Sprachen werden an den Schulen gelehrt? Was für Traditionen gibt es im rumänischen Volk? Gibt es Probleme mit Sekten? Sind die Kirchen voll? Unterstützt der Staat die Kirche?" wollten sie wissen
Auf alle Fragen gab der rumänische Bischof geduldig Antwort. Die Gläubigen seien sehr fromm. Auf dem Land würden 90 Prozent der katholischen Christen zum Gottesdienst kommen, in den Städten seien es 70 Prozent. Zu den Traditionen seine Volkes sagte er, die Rumänen seien sehr gastfreundlich und würden gern und viel singen
Wer mehr über sein Land und sein Bistum wissen möchte, sei herzlich willkommen, lud Bischof Gherghel die Mädchen und Jungen in seine Heimat ein
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.10.1998