Schlesien im dritten Reich
Tagung
Jauernick (tdh) - "Schlesien im Dritten Reich" - mit diesem Thema beschäftigt sich ein Forum der Gemeinschaft für deutsch-polnische Verständigung (gdpv), die Jugendinitiative im Heimatwerk Schlesischer Katholiken, dieser Tage in Jauernick. Die Tragödie Schlesiens nach dem Kriegsende 1945 finde ihre Grundlagen in dem vorausgegangenen "Tausendjährigen Reich" der Nationalsozialisten, heißt es in einer Mitteilung zu dieser Veranstaltung
Nicht nur dieser Zusammenhang, sondern auch die NS-Herrschaft in Schlesien habe bisher in der historischen und politischen Diskussion vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Die Wahlerfolge der NSDAP in dieser Region, die dem Breslauer Erzbischof Adolf Kardinal Bertram vorgeworfene defensive Haltung gegenüber der Hitler-Regierung und der fingierte Überfall auf den Sender Gleiwitz als Auslöser des Zweiten Weltkriegs gelten bei vielen als Sy-nonyme für die letzten Jahre Schlesiens unter deutscher Herrschaft. Aber auch der Einsatz Kardinal Bertrams für die christlichen Nichtarier Oberschlesiens oder der bis 1937 geltende Sonderstatus der oberschlesischen Juden sind Bestandteile schlesischer Zeitgeschichte. Im Wissen darum, daß Deutsche und Polen die Ereignisse dieser Epoche kontrovers bewerten, werde die gdpv sich auf ihrem diesjährigen Herbstforum mit dieser Thematik befassen
Damit soll gleichzeitig ein weiterer Baustein zur deutsch-polnischen Verständigung gelegt werden, heißt es weiter. Aufgrund der Komplexität der Ereignisse in Schlesien zwischen der "Machtergreifung" Hitlers und der deutschen Kapitulation am Kriegsende soll sich das Blickfeld der Tagung auf den Zeitabschnitt 1933 bis 1939 beschränken
Dr. Joachim Kuropka aus Vechta gibt zu Beginn der Tagung eine Einführung in Grundprobleme der schlesischen Geschichte im Nationalsozialismus. Dr. Helmut Neubach aus Zornheim befaßt sich mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus und seiner Führer in Schlesien zwischen 1925 und 1933. Ein Referat zur Situation der Juden speziell in Oberschlesien schließt sich an. Die besondere Lage der Deutschen in der polnischen Woiwodschaft Schlesien (Ostoberschlesien) zwischen Kreuz und Hakenkreuz thematisiert Dr. Pia Nordblom aus Jockgrim/Pfalz
Ein zweiter Themenkomplex widmet sich der kirchlichen Haltung gegenüber dem NS-Regime. Im Anschluß an eine allgemeinere Einführung stehen zwei Gestalten der schlesischen Kirchengeschichte jener Zeit im Hinblick auf die Konfrontation mit dem Regime im Mittelpunkt: Mit dem Breslauer Diözesan-Jugendseelsorger Gerhard Moschner (1907-1966) beschäftigt sich Matthias Lempart aus München. Michael Hirschfeld aus Münster referiert über den Glatzer Diözesan-Jugendseelsorger Gerhard Hirschfelder (1907-1942), dessen Seligsprechungsprozeß am 19. September eröffnet wurde. Darüber hinaus soll die Konfrontation mit den Nationalsozialisten der sorbischen Minderheit in Niederschlesien (Oberlausitz) auf dem Herbstforum Berücksichtigung finden
Eine Halbtagsexkursion führt die Teilnehmer in das sorbische Gebiet, wo im Zisterzienserinnenkloster St. Marienstern die Sächsische Landesausstellung stattfindet
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.10.1998