Der Vorsprung Leben
von Pater Damian
Wer überzeugt ist, dass die Welt und alles, was auf ihr lebt, in einem dauernden Sterbeprozess steht, hat viele Argumente auf seiner Seite: Die täglichen Nachrichten von Tod und furchtbaren Krankheiten, von Streit und Krieg und Zerstörung, von Flucht und Vertreibung, von Hunger und Elend, von Naturkatastrophen jeder Art, von ökologischen Desasters. Überall scheint einem der Geruch von Verfall und Tod entgegenzuwehen. Und die meisten Stammtischdebatten gehen um Skandale und unerträgliche Zustände. Geben wir zu: In unseren täglichen Gesprächen spielen negative Dinge und Ereignisse eine große Rolle. Für die Medien sind schlechte Nachrichten gut, denn sie erhöhen die Auflagezahlen und die Quoten. Die Welt ist schlecht...
Nur schlecht? Gibt es nicht auch die andere Seite: Das viele Gute, das Menschen (immer noch) tun, die Meisterwerke der Kunst und Musik und Literatur, die Schönheiten der Natur, die vielen guten Initiativen von Einzelnen und Gruppen und die neuen Ansätze im Denken und in der Praxis?
Ist also die Lage 1:1 unentschieden? Für den Christen, der Ostern gefeiert hat, ist sie entschieden: Das Leben ist stärker als der Tod Ungeheuer ist der Vorsprung Leben. Das bedeutet die Auferstehung Jesu: Er ist nicht im Tod geblieben, sondern er lebt. In ihm und durch ihn hat das Leben gesiegt. Mag der Kampf zwischen den Mächten des Guten und Bösen noch weitertoben, der endgültige Sieg ist schon entschieden. Und damit ist der Lauf der Welt - gegen allen Anschein - umgekehrt worden. Sie und wir mit ihr haben eine Zukunft, die Leben, volles Leben bedeutet.
Kurt Marti, der Schweizer Pfarrer und Dichter, hat das in einem Gedicht so dargestellt:
Ein grab greift
tiefer
als die gräber
gruben:
denn ungeheuer
ist der vorsprung tod
am tiefsten
greift
das grab das selbst
den tod begrub
denn ungeheuer ist
vorsprung leben
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 18.04.2001