Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Görlitz

Seelsorger ist kein Guru, sondern geduldiger Begleiter

Pastoralkonferenz

Görlitz (tdh) - "Geistliche Seelsorge" so lautete das Thema der diesjährigen Pastoralkonferenz, zu der der Görlitzer Bischof Rudolf Müller vom 14. bis 16. Oktober alle hauptamtlich in der Pastoral engagierten Frauen und Männer nach Görlitz eingeladen hatte. "Nicht selten hört man die Klage, daß die Seelsorger und Seelsorgerinnen allzusehr mit Verwaltungsaufgaben befaßt sind und damit ein großer Kraftaufwand verbunden ist. Um so mehr wurde es dankbar angenommen, konzentriert nach den geistlichen Fundamenten und Quellen unseres Tuns zu graben und daraus erneuerte Motivation und Ermutigung zu schöpfen", berichtete Seelsorgeamtsleiter Alfred Hoffmann über die Konferenz. Anregungen dazu gab der Theologe Andreas Wollbold. Wollbold ist der Nachfolger von Franz Georg Friemel auf dem Lehrstuhl für Pastoraltheologie am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt

Andreas Wollbold sprach nicht abstrakt über das Thema, sondern leitete die Zuhörer an, mit der Kirchenlehrerin Therese von Lisieux die eigenen geistlichen Quellen neu zu entdecken. Er betonte die gemeinsame Berufung von Priestern und Laien in der Kirche und leitete eine Erneuerung der Seelsorge aus der Gotteserfahrung ab. Gott nehme jeden so an, wie er ist, und dann verwandelt er ihn. Gott gehe auf jeden konkret ein. Daher sei Seelsorge vor allem darin zu sehen, daß die Seelsorger anderen Menschen Mut machten, sich auf Christus und seine Kirche mit all ihren menschlich engen Grenzen einzulassen. Der christliche Seelsorger sei nicht der "Guru", der das Geheimnis des anderen kennt, betonte der Erfurter Theologe weiter, sondern vielmehr ein geduldiger Begleiter, der - oft über Jahre hinweg - den Weg des anderen zum eigenen Geheimnis mitgehe und offenhalte

Wollbold stellte auch die Frage, die sich Priester und Mitarbeiter in der Seelsorge häufig stellen: Wie kann der Geist Gottes in den Strukturen der Kirche wirken? Seine Antwort: Strukturen müßten zwar sein, dürften aber nicht zum Selbstzweck verkommen. Daher seien sie stets anzufragen und gegebenenfalls zu verändern. Womit der Referent einen weiteren wichtigen Punkt der Pastoralkonferenz angesprochen hatte: Das Seelsorgeamt informierte darüber, wie weit der Prozeß zur Erarbeitung eines tragfähigen Pastoralplans im Bistum Görlitz gediehen ist und welche Schritte demnächst zu erwarten sind

Den Startschuß für diesen Prozeß hatte die Pastoralkonferenz 1996 gegeben, die unter dem Motto stand: "Wohin gehst du, Bistum Görlitz?" Seelsorgeamtsleiter Hoffmann: "Damals wurde auch deutlich, daß die Struktur unserer Seelsorge neu bedacht werden muß, damit sie der praktischen Seelsorge dienlich sein kann und nicht unnötig Kräfte bindet." Eine von Bischof Müller eingesetzte Arbeitsgruppe habe einen Entwurf für künftig mögliche Seelsorgebereiche erarbeitet. Nun sollen diese Vorschläge vor Ort mit allen pastoralen Mitarbeiter beraten und verbessert werden. In den Novembertagungen des Diözesanrates der Katholiken des Bistums Görlitz sowie der Pfarrgemeinderatssprecher sollen diese Fragen einen wichtigen Tagesordnungspunkt darstellen. Hoffmann: "Auf diese Weise soll unter aktiver Beteiligung der Pfarrgemeinden eine Zukunftsperspektive erarbeitet werden, die den tatsächlichen Realitäten gerecht wird und zur aktiven Gestaltung des kirchlichen Lebens ermutigt."

Im Rahmen der Pastoralkonferenz hielt auch Dr. Bernd Schäfer einen Vortrag. Schäfer ist der Mitherausgeber des im Leipziger St. Benno-Verlag erschienenen Buches "Kirche im Visier. SED, Staatssicherheit und katholische Kirche in der DDR." Er berichtete über seine Forschungen und gab Antworten auf vielfältige Fragen. Deutlich wurde dabei, daß seine Arbeit vor allem darin besteht, durch sachgerechte Aufarbeitung der Vergangenheit Brücken für die Gestaltung der Zukunft zu bauen

"Neben der gedanklichen Arbeit wurde großer Wert auf die gottesdienstlichen Feiern gelegt, die im Pontifikalhochamt am Hochfest unserer Bistumspatronin, der heiligen Hedwig, ihren Höhepunkt hatten", berichtet Seelsorgeamtsleiter Hoffmann. "Ein schönes Zeichen gelebter Ökumene durften wir erfahren, als wir in der evangelischen Peterskirche eine festliche liturgische Vesper halten konnten, wo auch die seit einem Jahr neu eingeweihte ,Sonnenorgel' zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen erklang."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.11.1998

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps