Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Erfurt

Wissen allein ist wertlos

Wissenschaftswoche am Gymnasium

Neudietendorf (mf/ep) - Wissensvermittlung am Gymnasium allein reicht nicht. Wirkliche Menschenbildung und Wertevermittlung tut not, kommt im normalen Schulalltag aber oft zu kurz. Um es nicht nur bei dieser Erkenntnis zu belassen, waren die Schüler der 10. bis 12. Klassen des staatlichen von-Bülow-Gymnasiums in Neudietendorf vom 19. bis 24. Oktober zu einer "Wissenschaftswoche" an ihrer Schule eingeladen.

"Ziel der vielfältigen Veranstaltungen war", so Initiator und Elternvertreter am von-Bülow-Gymnasium, Michael Fritzsche, "nach dem Vorbild von thematischen Hochschul-Tagen am Gymnasium eine Woche anzubieten, bei der es fachübergreifend um allgemeine Fragen der Menschenbildung und Ausbildung, um Wertevermittlung und religiöse Aspekte geht." Die "Wissenschaftswoche" stand unter dem Leitgedanken: "Bildung fördern, bedeutet Toleranz und Kompetenz zu stärken." Zu den Angeboten waren Schüler, Eltern und Lehrer, aber auch andere Interessierte eingeladen.

Den Anfang machte ein "Tag der Demokratie": Die Schüler besuchten den Thüringer Landtag in Erfurt und lernten vor Ort den Sinn und die Art und Weise parlamentarischer Arbeit kennen. Mit Abgeordneten diskutierten sie ihre Fragen. Um den "Tag der Demokratie" im Stundenplan unterbringen zu können, waren Unterrichtsstunden der Fächer Wirtschaft und Recht, Sozialkunde und Geschichte zusammengelegt worden.

"Wichtige Entscheidungen werden vom Menschenbild her getroffen." Dies wurde den Schülern am zweiten Tag der "Wissenschaftswoche" bei einem nachmittäglichen Workshop zum Thema "Humanität - Inhumanität" deutlich. Referent Professor Eberhard Tiefensee vom Philosophisch-Theologischen Studium (PTS) Erfurt machte den Mädchen und Jungen deutlich: Der Wert eines Menschen liegt nicht in seiner Intelligenz oder seiner Herkunft. Jeder Mensch besitzt allein wegen seines Mensch-Seins eine unveräußerliche Würde. Auf diesem Hintergrund sind die allgemeinen Menschenrechte definiert. Hier sind die Forderungen nach einer menschenwürdigen Behandlung von Straftätern, nach respektvollem Umgang mit Behinderten oder hinsichtlich der Toleranz gegenüber Andersdenkenden begründet. Der Erfurter Philosoph gab den Schülern eine Aufgabe mit auf den Weg: "Konstruiert die Regeln für eine humane Gesellschaft, in der für alle Platz ist, ob Behinderter oder Gesunder, ob Arbeiter oder Unternehmer, ob Christ und Atheist, und zwar ohne zu wissen, wen ihr in dieser Gesellschaft darstellt und wer regiert ..."

Literarische Einblicke in die heutige Lebenssituation vermittelten bei einer Abendveranstaltung am dritten Tag drei junge Schriftsteller der Region. Über Anforderungen, die heutige Unternehmen an Hochschulabsolventen und Lehrstellenbewerber stellen, referierte einen Tag später Klaus Schindlbeck, persönlicher Referent von Dr. Lothar Späth bei der Jenaer Firma Jenoptik, am Nachmittag vor den Schülern und am Abend für Eltern und Interessierte. Tenor: Zunehmend schauen Unternehmen nicht nur auf die Noten der Bewerber, sondern auch auf deren Teamfähigkeit, ethisches Bewußtsein und ihre Fähigkeiten, Wissen anzuwenden. "Extremismus - Gefahr für die Demokratie" war das Thema des Workshops am fünften Tag, den die Konrad-Adenauer-Stiftung ausrichtete.

Den Abschluß der "Wissenschaftswoche" bildete am Samstagnachmittag eine Podiumsveranstaltung zum Thema "Bildungsförderung zwischen Anspruch und Realität". Quintessenz: Staatssekretär Hermann Ströbel, Erfurt: "Wissen ohne Werte ist wert-los." Sozialwissenschaftler Professor Hans Wagner, München: "Ausbildung und (Menschen-)Bildung gehören zusammen."

Im Ergebnis der Woche wurde zum Beispiel eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Neudietendorfer Gymnasium und dem Philosophisch-Theologischen Studium (PTS) vereinbart, wie Michael Fritzsche berichtet. So werden die Schüler künftig geeignete Einzel-Vorlesungen in Erfurt besuchen. Anvisiert wurde eine Seminarreihe für Lehrer zu philosophischen und ethischen Fragen. Geplant ist außerdem, daß das PTS das Gymnasium unterstützt, wenn 1999 im Rahmen neuer Lehrpläne das "Seminarfach" eingeführt wird, das sich fächerübergreifend zum Beispiel Fragen der Wertevermittlung und der Methodenkompetenz widmen soll.

Für Elternvertreter Fritzsche, der auch der Gemeinschaft Christlicher Eltern angehört, hat die Woche gezeigt: "Es lohnt sich, sich mit der eigenen christlichen Weltsicht in Angelegenheiten Gesellschaft einzumischen." Die nächste Wissenschaftswoche am von-Bülow-Gymnasium ist bereits anvisiert. Sie wird dem Thema "Europa" gewidmet sein.

Weitere Infos: Gemeinschaft Christlicher Eltern, Geschäftsstelle Erfurt, Thälmannstr. 57, 99085 Erfurt,

Tel./Fax: 03 61 / 5 40 22 24.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.11.1998

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps