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Aus der Region

Das Leben schreibt die Konzepte";

Ordensleute-Treffen

Leipzig (jk) - Zu einem Treffen der Ordensleute hatte der Konvent St. Albert der Dominikanerinnen und Dominikaner in Leipzig-Wahren eingeladen. Dieses Treffen findet seit 1993 jährlich an wechselnden Orten statt und richtet sich vor allem an Ordensleute aus den alten Bundesländern, die seit der Wende im Osten Deutschlands leben und arbeiten. Der Austausch über die Erfahrungen mit der Ordensarbeit in Ostdeutschland steht dabei im Mittelpunkt. Über 40 Frauen und Männer kamen diesmal in Leipzig-Wahren zusammen. In kleinen Gruppen sprachen und diskutierten die Ordensleute darüber, was von den Grundideen der Ordensneugründungen geblieben ist und was sich verändert hat

"Was haben wir vorgehabt, was ist daraus geworden" umschreibt Dominikanerin Magdalena Schulting aus Leipzig-Wahren das Thema des Ordenstreffens. Bei ihrem Orden ist zum Beispiel nichts mehr so, wie es ursprünglich gedacht war. Statt eine Tee-oder Kaffeestube in Leipzig oder Bautzen zu führen, teilen sich nun die Dominikanerinnen ein gemeinsames Haus mit den Dominikanern in Leipzig-Wahren. Gemeinsam mit den Ordensbrüdern wollen sie in ihrem neu gebauten Konvent nun unter anderem "die Menschen seelsorglich und intellektuell ansprechen". Mit Vorträgen, Tagungen, Kursen und anderem soll das geschehen

Kapuzinerbruder Paulus Terwitte aus Gera umschreibt die Situation der letzten Jahre für die Ordensleute im Osten so: "Das Leben schreibt die Konzepte. Wir müssen das akzeptieren. Es geht für uns nicht darum, Erfolg zu haben, sondern darum, mit den Menschen hier zu leben." Er erlebe immer wieder, daß den Menschen das genommen wurde, was ihnen Heimat war

Auch für Schwester Beatrix Lewe sieht das Leben und die Arbeit in Leipzig ganz anders aus als gedacht. Die Ordensfrau von den Schwestern vom Guten Hirten lebt seit 1991 in den neuen Bundesländern. Ursprünglich sollte sie mit Mitschwestern in einer Caritas-Beratungsstelle für Frauen und Kinder arbeiten. Sie hat dann aber in der Klinikseelsorge gearbeitet, Sterbende auf der Leukämiestation begleitet und eine Zusatzqualifizierung im Bereich Trauerarbeit absolviert. Inzwischen betreut sie Einzelne und Gruppen in der Trauerarbeit. Diese Arbeit bezeichnet sie als ihr größtes Aha-Erlebnis. Seit 1994 gibt es eine Trauergruppe. Seit diesem Jahr betreut Schwester Beatrix mit einer Mitschwester Angehörige von Suizidopfern in einer zweiten Gruppe. "Nie war da zuerst ein Konzept oder ein Nachdenken über die Arbeit, eher war es so, daß wir von unserer Arbeit zum Konzept gekommen sind", so Schwester Beatrix, "ich reagiere immer auf das, was gekommen ist." Sie erklärt, daß auch die politische Wende von 1989 bei vielen Menschen Trauer ausgelöst hat. Sie sei ein Bruch im Lebenslauf

Schwester Sabine Theu von den Missionsschwestern vom Kostbaren Blut leitet seit 1992 einen Kindergarten in Aschersleben. In dieser Stadt sind über 80 Prozent der Bevölkerung konfessionslos. "Ich habe zu lernen, das zu lassen, was ist", sagt Schwester Sabine über ihre Arbeit. Sie erzählt von den "kleinen Momenten, in denen ich weiß: Es ist gut, daß ich da bin." Sie meint damit zum Beispiel das Vorschußvertrauen, daß sie von Eltern und Kindern aus zerrütteten Familien bekommt. Die Eltern schicken ihre Kinder in den katholischen Kindergarten, weil sie meinen, daß diese dort gut aufgehoben seien. Schwester Sabine freut sich über die Kinder, die in der Krippe Probleme hatten und dann in ihrem Kindergarten aufblühen. Die Eltern seien immer wieder erstaunt über die Reaktionen ihres Kindes. Schwester Sabine macht "die Atmosphäre einer christlichen Einrichtung" dafür verantwortlich

Auf einem Plenum beschlossen die Ordensleute, daß es weiterhin ein jährliches Treffen geben soll. Allerdings sollen dann nicht nur Ordensleute aus den alten Bundesländern, die im Osten Deutschlands arbeiten, teilnehmen. Als neues Konzept ist angedacht, daß alle ostdeutschen Ordensleute zum Treffen kommen, die Interesse daran haben, sich über ihre Arbeit, über Fragen und über ihr Leben auszutauschen. Als fester Termin wurde vorläufig der jeweils letzte Samstag im Oktober festgelegt. Im nächsten Jahr findet das Treffen bei den Elisabeth-Schwestern in Halle statt. Dann wollen die Ordensleute über das reden, was sie trägt und ihnen Mut gibt, wenn vieles nicht so gut läuft, wie es erhofft war

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.11.1998

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