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Bistum Dresden-Meißen

Nur die Ausstellung ist geschlossen, nicht das Kloster

St. Marienstern

Tausende Besucher der Ersten Sächsischen Landesausstellung wurden durch die Pfarrvikarie Panschwitz-Kuckau in rund 600 Führungen über das Klostergelände geführt. Kaplan Peter Krahl über seine Erfahrungen:

Frage: Was würden Sie für ein Fazit ziehen?

Krahl: Die Landesausstellung war ein hervorragendes Ereignis, zu dem sehr viele Menschen auch oder gerade wegen des Klosters und der hier gezeigten religiösen Themen kamen. Den Besuchern vom klösterlichen Leben und von Gott zu erzählen, war einfach wunderbar

Frage: Warum haben Sie sich für die Führungen engagiert, genügten nicht die Angebote der Landesausstellung?

Krahl: Die Menschen kamen, um die Landesausstellung und das Kloster zu sehen. Leider ist heute der Begriff "Kirche" in der Öffentlichkeit negativ besetzt. Wir hatten jedoch hier die Chance, neben der Vergangenheit des Klosters auch das Hier und Heute klösterlichen beziehungsweise kirchlichen Lebens aufzuzeigen und ein lebendiges, ökumenisches Zeugnis unseres Glaubens zu geben. Wir konnten das Gottesbild so manchen Menschens etwas korrigieren und Vorurteile über Glauben und Kirche abbauen. Wenn man so will, waren wir für eine gute Stunde "Volkshochschule in puncto Glauben"

Frage: Warum soll Kirche Nichtchristen an einem Ort wie St. Marienstern ansprechen?

Krahl: Zum einen: weil dieser Ort sehr ansprechend ist, zum anderen gebe ich zu bedenken: Wenn wir eine Sekte wären, dann würde schon am Eingang jeder Besucher mit Handschlag begrüßt werden. - Das muß nicht sein, aber es ist wichtig einzusehen, daß nicht nur Afrika Missionsgebiet ist, sondern auch Deutschland. Sollten wir nicht wieder mehr den Mut haben, anderen Menschen von unserem Glauben zu erzählen? Zur Landesausstellung kamen die Leute zu uns und wir brauchten nur noch den Mund aufzumachen. Eine solche Chance besteht übrigens überall dort, wo Kirche und Tourismus zusammentreffen. An solchen Orten müssen Ansprechpartner für die Besucher zur Verfügung stehen. Leider werden diese Chancen im Moment noch viel zu wenig wahrgenommen

Frage: Wie würden Sie Mission heute und hier umschreiben?

Krahl: Mission heißt für mich in erster Linie: Durch das eigene Vorleben Menschen von Jesus Christus überzeugen. Das heißt aber auch: Von Gott zu sprechen und zwar überall dort, wo es angebracht ist. Und ich frage an dieser Stelle bewußt: Sind wir als Kirche nicht oft viel zu viel mit uns selbst beschäftigt und zuwenig mit unseren nicht glaubenden Mitmenschen um uns herum?

Frage: Was erwarteten die Besucher in St. Marienstern?

Krahl: Die Leute kamen, um die Landesausstellung zu sehen und um etwas über Kloster, Kirche und Religion zu erfahren. Nur ein Beispiel: Tag für Tag wurde fortlaufend der MDR- Film "Ora et labora" gezeigt. Sehr viele Besucher wollten in diesem Film sehen, wie und warum die Schwestern im Kloster leben. Was Kirche und Glauben allgemein betrifft, kommt es meiner Meinung darauf an, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen und sie über die Kirchenschwelle hinüber zu begleiten

Frage: Wie geht es in St. Marienstern weiter?

Krahl: Am 18. Oktober schloß die Landesausstellung ihre Pforten und nicht - wie es in vielen Zeitungen stand - das Kloster. So werden die Zisterzienserinnen auch weiter mitten in unserer Zeit für uns und unser aller Ewigkeit beten. In einem Punkt bin ich mir sicher: In den nächsten vier bis fünf Jahren kommt jeder zweite Besucher der Landesausstellung wieder. Deshalb bieten wir weiter Führungen zu festen Zeiten und nach Vereinbarung an. Daneben gibt es den Meditationsgang, die Fürbittwand und ab dem Frühjahr den Umwelt- und Lehrgarten und die dortige Ausstellung, es gibt den Lehrpfad im Lippe-Park, in der ersten Hälfte des nächsten Jahres sicherlich auch schon die neue Klosterausstellung im alten Gästehaus und natürlich schöne Ausflugsziele in der katholischen sorbischen Lausitz. In jedem Falle aber gibt es mehr Stille in der Klosterkirche, Stille fürs persönliche Gebet, zum Nachdenken über das eigene Leben

Interview: Holger Jakobi

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.11.1998

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