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Bistum Magdeburg

Margreth Frisch verhalf der Fokolurbewegung zur Ausbreitung in der DDR

Porträt

"Umfangreiche Kontakte, undurchsichtige Aktivitäten", ist in ihrer Stasiakte vermerkt. Margreth Frisch reagierte Anfang der 60er Jahre gemeinsam mit neun weiteren Ärzten aus der Fokolarbewegung auf einen Hilferuf der katholischen Bischöfe Spülbeck und Bengsch

Weil um die Zeit des Mauerbaus sehr viele Mediziner in die Bundesrepublik geflüchtet waren, hatten sie nach christlichen Ärzten für die DDR Ausschau gehalten. Für Margreth Frisch und andere Fokolare erschien die Anfrage der Bischöfe gewissermaßen als Wink mit dem Zaunpfahl. Die geistliche Bewegung, die während des Zweiten Weltkrieges in Italien entstanden war, hatte es schon seit längerer Zeit als Aufgabe erkannt, in atheistischen Ländern zu wirken

Margreth Frisch hatte im westfälischen Münster eine gutgehende Arztpraxis aufgegeben, bevor sie 1962 in der Leipziger Marschnerstraße die Praxis eines ausgereisten Kollegen übernahm. Für Patienten, Behördenvertreter und Stasispitzel in Leipzig ließ sie sich nur schwer in eine Schublade einordnen: Menschen aller Generationen, Ideologien und Glaubensrichtungen fühlten sich von der warmherzigen Atmosphäre der Arztpraxis angezogen und suchten im Laufe der Jahre den Kontakt mit der Ärztin und ihren Mitarbeiterinnen, auch über die Sprechstunden hinaus. Einige Patienten fanden in dieser Praxis zum christlichen Glauben

Dennoch war Margreth Frisch oftmals bekümmert: Der intensive Arbeitsalltag ließ der Westfälin, die von der sprichwörtlichen Wortkargkeit ihrer Landsleute weit entfernt ist, wenig Gelegenheit, von ihren Glaubensentdeckungen zu erzählen. Auch das Gebetsleben kam kürzer als gewünscht. Sie half sich mit Stoßgebeten. "Das tue ich jetzt zur Ehre Gottes", schoß ihr häufig durch den Sinn, wenn sie gerade einem Patienten in den Hals schaute. Mit einem geradezu kindlichen Vertrauen glaubte sie an die Kraft des gemeinschaftlichen Gebetes. Die Erfahrung schien ihr Recht zu geben. Nicht selten traf dringend benötigte Hilfe sehr prompt ein, nachdem sie mit ihren Freundinnen aus dem Fokolar darum gebetet hatte. Zu ihren Mitbewohnerinnen gehörte die Italienerin Natalia Dallapiccola, die gemeinsam mit Chiara Lubich die Fokolarbewegung gegründet hat. Sie war offiziell als Haushaltshilfe für die westfälische Ärztin in die DDR eingereist

Margreth Frisch war geachtet, auch bei manchem "strammen" Parteigenossen. Vielleicht lag es daran, daß auch sie jeden so anzunehmen versuchte wie er war und gleichzeitig nie einen Hehl aus ihrer christlichen Überzeugung machte. Manchmal war sie selbst verblüfft, daß sie mit ihren offenen Bekenntnissen nie ernsthaft Schwierigkeiten bekam. Als sie und ihre Mitbewohnerinnen zum Beispiel für zwei Jahre ein kleines Mädchen in ihre Gemeinschaft aufnahm, dessen Mutter gestorben war, mußte sie die Pflegschaft für das Kind beantragen. Der Polizist, der das Antragsformular ausfüllte, mahnte die Ärztin, das Kind sozialistisch zu erziehen. "Ich bin Katholikin", entschuldigte sie sich, "schreiben Sie doch in ihr Formular, daß ich das Mädchen meiner Überzeugung gemäß erziehe"

Längst hat Margreth Frisch ihre Arztpraxis aufgegeben. Die heute 75jährige lebt seit zwei Jahren im früheren Zwochauer Pfarrhaus, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Begegnungszentrum der Fokolare für die neuen Bundesländer. Durch eine schmerzhafte Krankheit sind ihre Kräfte seit einiger Zeit sehr begrenzt, der Aktionsradius der einst so agilen und kraftvollen Frau ist nur noch klein. Mitbewohnerinnen, Brieffreunde und Gäste wissen jedoch nach wie vor, was sie an Margreth Frisch haben. Viele erzählen, daß ihr Gebet und ihr bewußt getragenes Leid ihnen Kraft gibt für die eigenen Aktivitäten

Dorothee Wanzek

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.11.1998

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