Kirche muß anschlußfähig bleiben
Philosophisch-Theologisches Studium
Erfurt (ep) - Am Philosophisch-Theologischen Studium (PTS) Erfurt haben mit Beginn des Wintersemesters 1998/99 17 junge Frauen und Männer ein Diplomstudium im Fach Theologie aufgenommen. Am vergangenen Freitag wurden sie anläßlich des traditionellen Patronatsfestes der Hochschule im Rahmen der Festakademie feierlich immatrikuliert. Außerdem haben zwölf Frauen und Männer im Zweitstudiengang ein Lehramtsstudium im Fach Katholische Religion begonnen
Der Rektor des PTS, der Sozialethiker Professor Michael Schramm, bewertete die Teilnahme aller Bischöfe, die Studenten nach Erfurt entsenden, der Vertreter der Erfurter Universität sowie zahlreicher weiterer Gäste am Fest des Patrons des PTS, des heiligen Albertus Magnus, als positives Zeichen: "In den Tagen, in denen auf Grund eines Briefes aus Rom die Integration des Studiums in die Erfurter Universität in Frage gestellt ist, sind Sie gekommen, um zu zeigen, daß Sie am Florieren unserer Hochschule intessiert sind", sagte Schramm. In seinem Festvortrag, den traditionell der jeweils für ein Jahr gewählte Rektor hält, stellte der Sozialethiker Schramm unter der Überschrift "Täglich auf dem Markt" (Apg 17,17) "Religionsökonomische Überlegungen zum ,Unternehmen' Kirche" an
Seine Schlußfolgerungen: Die Kirche sollte alles für die Wahrung ihres "religiösen Markenprofils" tun. Schramm: Auffassungen wie: der Kern des Religiösen sei nur das "Menschsein des Menschen" oder bestehe in der psychischen Heilung oder der ökologischen Erlösung der Erde laufen "auf eine Selbstabwicklung" der Kirche hinaus. "Religionsökonomisch kann das Motto nur heißen: ein spezifisch religiöses Qualitätsprodukt (auch in Sachen Sozialethik)" Und: Die Kirchen müssen sich um eine "Anschlußfähigkeit an den modernen ,Kunden'" mühen, was "Kritik an bestimmten Momenten der Moderne nicht ausschließt"
Der als Moderator für das PTS verantwortliche Erfurter Bischof Joachim Wanke betonte den Stellenwert der Hochschule für die katholische Kirche in den neuen Bundesländern. Der Papst habe gerade mit seiner jüngsten Enzyklika "Fides et ratio" die Bedeutung des vor der Vernunft verantworteten Glaubens betont. Wanke: "Es ist uns wichtig, im Angesicht der geistigen Wetterlage der neuen Bundesländer die hier zu lebenden Formen katholischen Lebens kritisch zu reflektieren." Vor Ort könne am besten entschieden werden, welche Kleidung angesichts der regionalen Wetterlage nötig ist - mit Sicherheit jedenfalls "weder extravagante Flatterhemden noch mittelalterliche Panzerrüstungen", so Wanke
Bezüglich der Turbulenzen um die Integration des PTS in die Erfurter Universität sagte der Bischof, er habe den Eindruck, "daß der Verhandlungsspielraum noch nicht ausgeschöpft ist". Der gemeinsam mit dem Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky unternommene Besuch im Vatikan habe "in Rom Nachdenken ausgelöst". Wanke betonte aber auch, daß die Errichtung einer Fakultät in Erfurt Bedingungen brauche, die den Anforderungen des katholischen Hochschulrechts und dem Status katholischer Fakultäten an westlichen Hochschulen entsprechen. Die Ausgestaltung dieser Bedingungen ließen den Vatikan derzeit zurückhaltend reagieren
Bischof Wanke und der Prorektor des Studiums, Professor Josef Römelt, dankten dem scheidenden Liturgen des PTS, Franz Schneider, für sein langjähriges Engagement an der Hochschule. Zugleich hießen sie den neuen Lehrstuhlinhaber für Liturgiewissenschaften, Professor Benedikt Kranemann, willkommen
Studierenden-Sprecherin Patricia Erben warb bei Bischöfen und Hochschulleitung mit Nachdruck um Unterstützung hinsichtlich der Entwicklung von Ausbildungs- und Berufsbildern für "Laien"-Studierende. Angesichts zunehmender Säkularisierung werde es für die Kirche immer wichtiger, in verschiedensten Bereichen den Kontakt mit der "Welt" zu suchen. Es gebe bereits Laien-Theologen als Reiseleiter biblischer Reisen, als Eheberaterin, Redakteur in Hörfunk- und Fernsehen oder tätig als Unfallseelsorger und in Beerdigungsinstituten. Um jedoch in solchen Bereichen als Theologen arbeiten zu können, bedürfe es der Fortbildungskurse, Aufbaustudiengänge und Praktika, wofür neue Wege und finanzielle Mittel nötig seien
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 22.11.1998