Seit 24 Jahren im Erzbischöflichen Amt Görlitz
Heinrich Theissing
Heinrich Theissing war von 1947 bis 1971 beim Erzbischöflichen Amt Görlitz tätig. Bischof Rudolf Müller würdigt seine Verdienste:
Als Jugendseelsorger: Nach seiner Vertreibung aus Glogau in Niederschlesien wurde Kaplan Heinrich Theissing von Kapitelsvikar Piontek nach Görlitz berufen, um als Jugendseelsorger in der Jakobus-Gemeinde und darüber hinaus für das ganzue Erzbischöfliche Amt Görlitz tätig zu sein. In der Zeit des großen Umbruchs nach dem Kriegsende, in der viele heimatvertriebene Gläubige aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße in den deutschen Restteil des Erzbistums Breslau kamen und eine neue Heimat suchten, sah Theissing eine vornehmliche Aufgabe darin, katholische Jugend aus der weiten Diaspora zu sammeln und seelsorglich zu führen
Dazu rief er Jungmänner und Mädchen aus den Diasporapfarreien zu Bildungstagen und frohen Begegnungen in das Clemens-Neumann-Heim nach Görlitz. Sein Herzensanliegen war, der Jugend auch einen Wallfahrtsort zu schenken, von dem für sie Glaubenskraft und christliche Zuversicht ausgehen sollten. Im ehemaligen Zisterzienserkloster Neuzelle an der Oder fand er den geeigneten Ort, wo er diesen Plan verwirklichen konnte. "Unsere Liebe Frau von Neuzelle" wurde durch Theissings geistliche Begleitung für die Jugend ein Herzstück ihrer Frömmigkeit. Die jährliche Jugendwallfahrt nach Neuzelle wurde zur bleibenden Tradition bis heute, später ergänzt durch die Männer-, Frauen- und Familienwallfahrten. Um die Jugend zur tätigen Umsetzung ihres Glaubens zu führen, gründete er für sie das "Neuzeller Diaspora-Apostolat". An ihm beteiligten sich etwa ein Viertel aller katholischer Jungmänner und Mädchen. Sie versprachen für ein Jahr, das tägliche Gebet des Angelus, eine ehrenamtliche Arbeit von zwei Stunden in der Woche zugunsten der Pfarrei und einen Jahresbeitrag, dessen Höhe freigestellt war. Dazu schrieb Theissing zahlreiche Gebets- und Besinnungshefte, die gern benutzt wurden. Auch das Neuzeller Wallfahrtslied trägt seine Handschrift
Als Seelsorgeamtsleiter: Bereits in den Jahren vor dem II. Vatikanischen Konzil griff Heinrich Theissing die zahlreichen Reformen liturgischer und pastoraler Art auf. Um sie besser in den Gemeinden umsetzen zu können, aktivierte er als Leiter des Seelsorgeamtes die Laien, indem er sie in "Laienkonferenzen" in die Neuerungen der Kirche, die letztendlich das Konzil vorbereiteten, einführte. Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit sah Theissing in der Erwachsenenbildung. So gehörte er zu den Begründern des 1952 durch Kapitelsvikar Piontek errichteten "Katechetenseminars", dessen erster Leiter Gerhard Schaffran wurde. Im Rahmen einer intensiven Helferarbeit bemühte sich Theissing um Multiplikatoren für die Erwachsenenbildung. So schuf er einen "Referentenkreis", den er zu diesem Zweck einer gründlichen Schulung unterzog. Die rechten Formen für die Seelsorge in der Diaspora zu finden und auch durchzusetzen, war sein erklärtes Ziel
Als Ordinaritasrat: In dieser Stellung war Heinrich Theissing einer der wichtigsten Mitarbeiter für den Kapitelsvikar. Dessen Ordnungsstil und Sorgfalt bei der pastoralen und verwaltungsmäßigen Leitung ging auch auf Heinrich Theissing über. Er war gewissermaßen sein "Meisterschüler". Besonders in den Jahren des Alterns brauchte Kapitelsvikar Piontek seine stützende Hand. So ist verständlich, daß Piontek ihn gern als seinen Weihbischof gesehen hätte. Als der Papst Weihbischöfe für Görlitz und Berlin ernannte, wurde jedoch Gerhard Schaffran Weihbischof in Görlitz und Heinrich Theissing Weihbischof von Berlin. Damit trat er aus dem deutschen Metropolitankapitel des Erzbistums Breslau mit Sitz in Görlitz aus, zu dessen Mitglied als residierender Domherrn ihn Kapitelsvikar Piontek ernannt hatte
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 22.11.1998