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Viele Polen, wenig Deutsche

Schlesien-Forum in Jauernick

Unterhaltung vor der Kirchruine Jauernick (kh) -Im Jauernicker St.-Wenzeslaus-Stift ist es am vergangenen Wochenende eng geworden. Das lag nicht nur daran, dass wegen Bauarbeiten nicht alle Räume genutzt werden konnten. Es lag vor allem an der großen Zahl von Teilnehmern, die zum Schlesien-Forum der Gemeinschaft für deutsch-polnische Verständigung (gdpv) gekommen waren. Mehr als 70 Jugendliche, Männer und Frauen zählte Dr. Michael Hirschfeld, der Vorsitzende des Verbandes.
"Wir sind die einzige zukunftsträchtige Säule innerhalb der Visitatur Breslau", also innerhalb der kirchlichen Stelle für die schlesischen Katholiken in Deutschland, sagt er nicht ohne Stolz. Allerdings: Die gdpv will Völker verbinden. Aber zu ihren Veranstaltungen kommen zurzeit fast nur Angehörige einer Nation -der polnischen. Und: Die wenigen Deutschen, die in diesem Herbst am Schlesien-Forum über das Polenbild in der deutschen Literatur teilnahmen, waren fast alle erheblich älter als die Schüler, Studenten und Hochschulabsolventen aus Polen.
Hirschfeld erklärt das Ausbleiben deutscher Studenten zum einen mit den großen Entfernungen, die beispielsweise Kinder und Enkel von Heimatvertriebenen aus Nordrhein-Westfalen oder Bayern zurücklegen müssten. Aber auch aus der näheren Umgebung kommen keine Deutschen zu den Tagungen: Junge Ostdeutsche würden sich nicht für die Schlesien-Foren der gdpv interessieren, weil schon in der DDR dieses Kapitel der Vergangenheit ausgeklammert worden sei, meint Hirschfeld. Da die meisten konfessionslos seien, spreche sie auch die christliche Orientierung der gdpv nicht an.
Doch die, die katholisch oder evangelisch sind, kommen ebenfalls nicht. "Vielleicht haben wir uns auch zu wenig bemüht", räumt Hirschfeld ein. "Das liegt sicher auch daran, dass sich der Vorstand der gdpv aus Westdeutschen zusammensetzt und in Münster sitzt."

Kleine Hoffnungszeichen sieht Hirschfeld trotzdem: Immerhin erhält die gdpv ein- bis zweimal pro Monat per E-Mail Anfragen aus dem Westen. Und wer erst einmal an einem Schlesien-Forum teilnehme, sei meist auch begeistert und komme wieder - so wie Bischof Rudolf Müller, der jedes Jahr kurz in Jauernick vorbeischaut.

Wünschen jedenfalls würde es sich Hirschfeld schon, dass sich auch einmal von einer deutschen Schule eine größere Gruppe anmeldet. Nach ersten Gesprächen mit Teilnehmern aus Polen wären die Deutschen bestimmt schnell mit Bischof Müller einer Meinung: "Wir können nur profitieren, wenn wir uns für die andere Kultur interessieren."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 42 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 19.10.2001

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