Für minderjährige Flüchtlinge werden Vormundschaften übernommen
Verein "Refugium"
Magdeburg (ste) - Minderjährige Flüchtlinge , die in Sachsen-Anhalt ohne Eltern ankommen, werden seit 30. November vom Verein Refugium betreut. Der Verein, der korporatives Mitglied des Magdeburger Diözesan-Caritasverbandes ist, wird für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge Vormundschaften und sozialpädagogische Betreuung übernehmen. Zur Zeit engagieren sich im Verein neun ehrenamtliche Mitglieder und eine hauptamtliche Mitarbeiterin
Refugium ist der erste Verein in Sachsen-Anhalt, der solche Vormundschaften übernimmt. Bisher haben in Sachsen-Anhalt allein die Jugendämter die Vormundschaft über minderjährige Flüchtlinge übernommen. Die Hauptlast trug das Jugendamt Magdeburg, wo im vergangenen Jahr 60 von 85 Vormundschaftsangelegenheiten betreut wurden
Seit 1993 sind 163 minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge von der Clearingstelle für das Land Sachsen-Anhalt betreut worden. Sowohl Sozialministerium als auch Experten der Caritas erwarten einen Anstieg der Zahl von minderjährigen Flüchtlingen in den nächsten Jahren
Bei der feierlichen Eröffnung durch Sozialministerin Gerlinde Kuppe dankte Caritas-Abteilungsleiterin Gabriele Mertens dem Caritasvorstand für die Entscheidung, die Arbeit in diesem Tätigkeitsfeld mitzutragen. Der Verein, so Mertens, könne sich um die Jugendlichen anders kümmern als eine Behörde: "Minderjährige Flüchtlinge unterscheiden sich von den Erwachsenen durch ihren existentiellen Hunger nach Zuwendung." Die Ministerin dankte der Caritas für die geleistete "Entwicklungshilfe" auf dem Gebiet. Jugendliche unter 18 Jahren gehörten nicht in Abschiebehaft, wenn ihr einziges Vergehen darin bestehe, daß sie in Deutschland leben wollen. Kuppe äußerte gegenüber dem Benno-Hörfunk die Hoffnung, daß mit der Betreuung der Minderjährigen durch den Verein Vorfälle wie die Selbsttötung eines 16jährigen in der Abschiebehaft in Halle vor zwei Wochen in Zukunft vermieden werden können
Der Verein Refugium e.V. ist anerkannter Träger der Jugendhilfe. Zur Finanzierung bekommt er 55 661 Mark aus der Landeskasse und 15 000 Mark aus Toto-Lotto-Mitteln. Caritas-Abteilungsleiterin Gabriele Mertens sagte, daß der Verein die angestrebten 25 000 Mark Eigenmittel im ersten Jahr voraussichtlich nicht aufbringen wird
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.12.1998