Offen sein für das Geschenk
Weihnachtsbotschaft des Bischofs
Liebe Mitchristen und liebe Mitmenschen,
die Information, die in dieser Nacht erneut auf der ganzen Erde verbreitet werden soll, heißt: Ein Kind ist euch geboren, ein Sohn ist uns geschenkt!
Aber warum soll diese Nachricht ausgestrahlt werden? Wen soll das schon interessieren, daß ein Kind geboren ist?
Selbst wenn diese Nachricht von allen Fernseh- und Radiostationen übernommen würde, so müßten wir feststellen, daß diese Meldung kaum zur Kenntnis genommen würde. Die meisten würden sicher den Kopf schütteln und sagen, was soll denn das. Das geschieht doch in jedem Augenblick, in jeder Minute wie am laufenden Band auf unserer Erde, daß ein Kind geboren wird. Das ist doch nun wirklich das Selbstverständlichste auf der Welt
Ist das wirklich so selbstverständlich? Viel zu oft wird ein Kind geboren, sagen die einen, viel zu wenige bei uns in Deutschland, sagen die anderen. Die Geburtenzahl muß gestoppt werden, sagen die einen, nein, sie muß gefördert werden, sagen die anderen, sonst schaufeln wir uns unser eigenes Grab. Heute sei es nicht zu verantworten, einem Kind das Leben zu schenken, so denken die einen. Der Mensch muß das Leben bejahen und Mut zum Leben brauchen wir, sagen die anderen
Aber warum zerbrechen wir uns darüber den Kopf? Keine Sorge, zu einer solchen Diskussion käme es ja gar nicht, denn es würde kaum eine Fernsehanstalt eine so alltägliche und nichtssagende Meldung übernehmen und ausstrahlen. Es sei, es sei denn, ja, es wäre mit diesem Kind etwas Besonderes. Und genau dieses Besondere, dieses Außergewöhnliche und Einmalige, das eben hat der christliche Glaube durch alle Jahrhunderte hindurch bewahrt und unverdrossen zu allen Zeiten verkündet bis auf den heutigen Tag. Deshalb ist die Geschichte von der Geburt Jesu weitererzählt worden von Generation zu Generation. Und deshalb wird diese Geschichte auch in dieser Nacht wieder erzählt und verkündet durch die Kirche für alle Menschen, die diese Geschichte hören wollen. Und ich bin überzeugt, daß es keine wichtigere Geschichte gibt auf der ganzen Welt, heute nicht und auch nicht morgen
Das Kind in der Krippe will Glauben wecken, Glauben an Gott und Glauben an den Menschen, daß wir nämlich fähig sind zur Liebe und daß mit diesem Kind der Himmel offen steht. Das Kind in der Krippe verkündet Frieden auf Erden für alle Menschen. Das Kind ist ein Zeichen der Hoffnung für uns alle, besonders dann, wenn wir meinen, daß wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten gestoßen sind
Wer dieses Kind gläubig betrachtet, wer seine Knie vor diesem Kind beugt, der wird beschenkt mit neuem Lebensmut und frischer Lebenskraft
Die Geburt des Kindes in dieser hochheiligen Nacht will uns froh machen und eine Freude schenken, die wir selbst uns nicht bereiten können. Die Zukunft steht offen, der Himmel neigt sich zur Erde hernieder und allen Menschen soll zuteil werden das Heil unseres Gottes. Bischof Leo Nowak
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.12.1998