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Gott heute neu zur Sprache bringen

Buchtip

Lohnt sich das Wagnis des Glaubens? Dieser spannenden Frage, die angesichts der spürbaren Annäherung an das zweitausendste Jahr nach christlicher Zeitrechnung häufig aufgeworfen wird, stellt sich das soeben erschienene Buch "Gewagter Glaube. Gott zur Sprache bringen in säkularer Gesellschaft"

"Mit der Verwissenschaftlichung der Theologie ging auch ihre therapeutische Dimension verloren", erklärt Eugen Biser. Der renommierte Münchner Religionsphilosoph beläßt es aber nicht bei dieser Diagnose, sondern spricht in seinem Ansatz -der auf die erstmals an der Berliner Humboldt-Universität stattgefundenen Guardini-Vorlesungen zurückgeht - zuversichtlich von der Möglichkeit einer glaubensgeschichtlichen Wende. Perspektiven für ein - oft mutlos gewordenes - Christentum eröffnen auch Richard Schröder, Albert Franz und Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz

Die Dresdner Wissenschaftlerin berichtet von ihren "Erfahrungen an einer ostdeutschen Universität" und spricht hoffnungsvoll vom vorurteilslosen Interesse junger Menschen an Glaubensfragen. Aufschlußreiche Ost-West-Vergleiche ermöglichen die Beiträge von Hans-Joachim Höhn, Klaus-Peter Jörns und Detlef Pollack. Als Religionssoziologe an der Frankfurter Viadrina tätig, urteilt Pollack: In den neuen Bundesländern gebe es eine "Abneigung gegenüber allem Auffälligen, Extravaganten, Bunten und Exzentrischen", so daß "Formen alternativer Religiosität" nur geringe Chancen hätten. Demgegenüber stellt Hans- Joachim Höhn eine "unerwartete Rückkehr des Religiösen" fest. Er spricht sogar von einer Art "City-Religion"

Wie stark Glaube tatsächlich mit der jeweiligen Lebenswelt zu tun hat, macht Klaus-Peter Jörns deutlich. Der Theologe und Reli- gionssoziologe wertet dazu Ergebnisse von Umfragen aus, die er in beiden Teilen Berlins erhoben hat. Dabei wird deutlich: Der Himmel über der Hauptstadt ist aufgrund der flächendeckenden areligiösen Erziehung in der DDR noch immer geteilt. Hier setzt Herausgeber Thomas Brose an: In Hinblick auf Romano Guardini spricht er von einem eigenständigen "Berliner Ansatz". In der Offenheit Guardinis, der Verkündigung in der stark säkularisierten Atmosphäre der Metropole neu gewagt habe, sieht er ein "wegweisendes Zeichen"

Wie die dafür notwendige situationsgerechte Sprache aussehen könnte, beschreibt Susanna Schmidt. Die Direktorin der Katholischen Akademie in Berlin setzt sich dazu mit Alfred Döblin auseinander. In seinem Werk "November 1918" gehe der zum Katholizismus konvertierte Schriftsteller den schweren Weg, "den Leser vor eine eigene Entscheidung zu stellen". Wie solche Entscheidungen durch die pastorale Begleitung der Kirche getragen werden können, untersuchen der Jesuit Medard Kehl und der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky. Von der gestaltenden Kraft der Laien in der Kirche redet Annette Schavan. Die Kultusministerin von Baden-Württemberg setzt sich - über Parteigrenzen hinaus - dafür ein, daß Christen im Blick auf das gesellschaftliche Ganze neu daran gehen, die "Kunst des Politischen" einzuüben

(tdh)

Thomas Brose (Hrsg.), Gewagter Glaube. Gott zur Sprache bringen in säkularer Gesellschaft, Morus-Verlag, Berlin 1998, 188 S., 20 x 12,5 cm, kart., ISBN 3-87554-331-9, 24,80 Mark

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 1 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 10.01.1999

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