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Den eingeschlagenen Weg fortsetzen

DDR-Amnestie

Leipzig (tdh) - Gegen eine Amnestie fr DDR-Unrechtstter und fr die Fortsetzung der bisherigen Praxis der Aufarbeitung der DDR-Geschichte hat sich der Prlat Dieter Grande (Dresden) ausgesprochen. Eine Amnestie wrde nur SED-Funktionren und MfS-Offizieren nutzen, an der gesamten Vergangenheits-Diskussion aber nichts ndern, sagte Grande, der von 1993 bis 1997 die "Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der Ttigkeit staatlicher und politischer Organisationen / MfS gegenber der katholischen Kirche" leitete. Grande sprach sich gegenber unserer zeitung allerdings fr Korrekturen im bisherigen Vorgehen aus

Der evangelische Pfarrer Friedrich Schorlemmer hatte krzlich ein Amnestiegesetz vorgeschlagen. Die juristische Verfolgung des zu DDR-Zeiten begangenen Unrechts sollte - abgesehen von schweren Menschenrechtsverletzungen - beendet werden

Auch der Erfurter Theologe und Philosoph Konrad Feiereis hat sich gegen eine undifferenzierte Amnestie ausgesprochen: "Eine solche Amnestie wre ein neues Unrecht gegenber denen, die unter dem DDR-Unrechtsstaat gelitten haben", sagte Feiereis auf Anfrage. Allerdings drfe aus christlicher Perspektive allen, die ihr Unrecht einsehen, Vergebung nicht verweigert und die Mglichkeit zur Wiedergutmachung gegeben werden. Dennoch drfe geschehenes Unrecht nicht einfach zugedeckt werden. Feiereis: "Geschehenes Unrecht mu in der Gesellschaft als solches bewut bleiben."

Der Gesetzgeber sollte nach Grandes Ansicht einige Korrekturen vornehmen. Unter anderem msse die Mglichkeit geschaffen werden, da "derjenige, der nachweisen kann, da die Akte ihn zu Unrecht als Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) belaste", eine Mglichkeit der Rehabilitation erhlt. Auerdem regte er die Einrichtung von Beratungsstellen an: "Hier sollten Opfer und Tter Hilfe finden, das, was sie in den Akten gelesen haben, zu verarbeiten." In auergerichtlichen berprfungen auf Stasi-Verstrickungen mten die rechtsstaatlichen Prinzipien strker bercksichtigt werden

Zum Stand der gesellschaftlichen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zog Grande eine negative Bilanz: Die "gesellschaftliche Befriedung" sei nur wenig vorangekommen, ein Gesprch zwischen Opfern und Ttern finde kaum statt. Jeder habe seine Rolle gefunden: "Die Tter tun so, als brauchen sie keine Vergebung, und die Opfer sind resigniert, weil ihnen keiner mehr zuhrt". Zur Schwierigkeit der juristischen Aufarbeitung sagte Grande: Die Erwartungen seien von Anfang an viel zu gro gewesen. Rechtsprechung nach rechtsstaatlichen Prinzipien werde in der /ffentlichkeit immer den Eindruck erwecken, "da die Tter nicht so bestraft werden, wie sie es eigentlich verdienen"

Grande kritisierte die Einengung der Diskussion auf die IM. Stasi-Offiziere und Staatsfunktionre seien fast vergessen. Am Gesprch mten sich auch alle beteiligen, "die gar nicht so recht wissen, ob sie Tter oder Opfer waren". Es habe in der DDR viele Zwnge des Mittuns gegeben und auch alle, die nur "ein bichen mit dem DDR-System verzahnt waren", mten sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 17.01.1999

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