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Bistum Dresden-Meißen

25 Jahre Kreis alleinerziehender Mtter

Dresden

Dresden - Jede hat etwas mitgebracht fr das liebevoll bereitete kalte Bffet, dem die Frauen mit frhlicher Neugier zusprechen. An den festlich geschmckten Tischen im Pfarrhaus von Dresden-Pillnitz werden Erinnerungen ausgetauscht, Fotos von Enkelkindern machen die Runde, nachher setzt sich eine von ihnen ans Klavier und selbstverstndlich singen alle mit. Herzliche Vertrautheit ist in langjhriger Gemeinschaft gewachsen. Denn allen gruppendynamischen Regeln zum Trotz besteht dieser erste Kreis alleinerziehender Mtter im Bistum bereits 25 Jahre

Aus den jungen Frauen von damals sind meist schon Gromtter geworden. Die Probleme haben sich gewandelt, wie aus Kleinkindern Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene werden, die sich von daheim abgenabelt haben. Dieser Kreis kennt all diese Varianten und ist es gewohnt, gemeinsam darber zu sprechen und nach Lsungen zu suchen. Es sind in ihm Freundschaften entstanden, die gemeinsamen Urlaub, gegenseitige rat- und tatkrftige Untersttzung selbstverstndlich werden lieen. Aber keine Einzelgruppierung hat den Kreis gesprengt. ber Jahre, sagt Frau M., habe ich auf die monatlichen Begegnungstage mit diesen Frauen hingelebt. Und erst die gemeinsamen Erholungsfreizeiten in Naundorf in der Schsischen Schweiz, wo die Pltze fr alle nie reichen konnten! Das hat Kraft gegeben und das Alleinsein tragen helfen

Brigitte Grner hatte als Mitarbeiterin des damaligen Caritassekretariats in Dresden 1973 Pfarreien des Dekanates angeschrieben mit der Bitte, ihr alleinerziehende Frauen zu nennen, denen die Mglichkeit der Begegnung in einer Selbsthilfegruppe geboten werden sollte. Die Idee der Caritas war, die katholische Frsorgearbeit fr diese Frauen fortzusetzen, ihr jedoch einen neuen Schwerpunkt zu geben. Das war ntig, hatten doch zu dieser Zeit einige Pfarrer die Probleme alleinerziehender Mtter noch gar nicht wahrgenommen. Von Anfang an aber machte sich Pfarrer Helmut Geiger fr die stark, die in den Gemeinden damals zum Teil noch wenig Rckhalt erfahren haben. Ihnen Angenommensein und Wrme zu vermitteln, das heit Heimat in der Kirche, war ihm als geistlicher Beistand neben der praktischen Hilfe Herzensanliegen. Natrlich ist er auch am Jubilumsnachmittag dabei. Er lie ihn mit einer Messe in "Maria am Wege" beginnen. Die mir noch heute nachgehende Intimitt und Herzlichkeit des Gottesdienstes war nicht nur dem kleinen Kapellenraum geschuldet. Sie hatte wohl etwas mit dem zu tun, was nachher im Pfarrhaus eine der Frauen lchelnd fragte: "Wit ihr noch, wie meine vierjhrige Tochter gestaunt hat; ,Der Pfarrer ist ja ein richtiger Mensch!'"

Der zweite Gast war diesmal der ehemalige Studentenpfarrer und Akademikerseelsorger Dr. Michael Ulrich, denn in den Rumen der Studentengemeinde versammelte sich der Kreis lange Jahre. Die Frauen haben es genossen, von den Studenten einmal bedient zu werden. Die Kinder dagegen liebten die groen mnnlichen Spielgefhrten, die sie betreuten, whrend die Mtter ungestrt einen Vortrag zu pdagogischen, psychologischen oder Rechtsproblemen hrten, sich beim Kaffee austauschten, bastelten oder einfach nur zusammen lachten. Sicher gab es in der Dresdner Eisenstuckstrae und spter im Pillnitzer Pfarrhaus manchmal auch ein Aufatmen, wenn der beraus lebhafte Kreis wieder hinaus war. Der traf sich auerdem zu gemeinsamen Wanderungen, zu Zirkus- oder Museumsbesuchen. Das festigte auch den Zusammenhalt der Kinder, bei denen untereinander Freundschaften entstanden. Bisweilen kommen einige, die nun schon selber Eltern sind, noch zu Besuch in den Kreis. Seit 1975 war Evamaria Kiklas als ehrenamtliche Betreuerin mit dabei. Zudem hatte der rege Zuspruch, den die Grupppe fand, zur Grndung eines zweiten Kreises im Dekanat Dresden gefhrt

Fr die praktische Betreuung, fr die Organisation materieller und ideeller Hilfe war Brigitte Grner von der Caritas voll eingestellt worden. Zwischen den monatlichen Begegnungen der allein lebenden, geschiedenen oder auch verwitweten Frauen standen individuelle Beratung, Vertretung in Verhandlungen mit dem Wohnungsamt, der Jugendhilfe und anderen Behrden, Organisation von Babysitting, Gesprche mit den geschiedenen Vtern und vieles andere auf der Tagesordnung. Kuren fr die Mtter waren zu organisieren, Rat bei Erziehungsschwierigkeiten zu geben, sogar Besuche in der Jugendstrafanstalt waren ntig, denn nicht alle Sprlinge entwickelten sich problemlos. Diese verschiedenen Aufgaben waren unter DDR-Bedingungen nicht immer leicht zu erfllen. "Oft habe ich einfach gesagt, ich komme von der Frsorge", lacht sie, denn das Wort "Kirche" konnte an mancher staatlichen Dienststelle eher blockierend wirken. Fr die Frauen der Selbsthilfegruppe ist dieses Wort ber die Jahre zu einem Synonym fr Geborgenheit geworden dank der Menschen, die sie auf ihrem Weg begleiteten und ihnen ihre eigenen Krfte bewut werden lieen

Ursula Wicklein

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 17.01.1999

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