Langjhriger Chefarzt in Ruhestand verabschiedet
Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum
Cottbus (ks) - Zum Jahreswechsel ging am Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus mit der Emeritierung von Dr. Josef Horntrich ein wichtiger Zeitabschnitt zu Ende. Die offizielle Verabschiedung des ehemaligen Chefarztes der Chirurgischen Klinik - zuletzt war er "nur noch" rztlicher Direktor - erfolgte schon in den letzten Wochen des alten Jahres. ber vier Jahrzehnte lang arbeitete der engagierte Chirurg und bekennende Katholik an diesem Hause
Am vierten Advent feierte der Grlitzer Bischof Rudolf Mller zum wiederholten Mal auf Einladung von Dr. Horntrich einen offenen Gottesdienst im Klinikum. Nicht erst in den letzten Jahren ist das christliche Engagement des "Chefs" im Krankenhaus in aller Munde. Hinter vorgehaltener Hand handelte man seine chirurgische Klinik zu DDR-Zeiten als "Kirchenklinik". Der Stasi war seine Nhe zur katholischen Gemeinde schon in den 50er Jahren in Cottbus eine eigene Akte mit dem Decknamen "Mitra" wert, als der junge Arzt die Bildung eines katholischen Akademikerkreises anregte. Bescheiden sagte er beim Cottbuser Akademikerforum im letzten November, als es um dieses Thema ging, da er nie ein Widerstandskmpfer gewesen sei und da er in den Akten so positiv und lobend charakterisiert sei, da es der Anstand verbiete, daraus zu zitieren. Nein, charakterliche "Schwachstellen", an denen sie ihre Druckmittel htten ansetzen knnen, fanden die Stasimitarbeiter bei Dr. Horntrich nicht
Wie andernorts auch vertrauten sich standfeste Atheisten auch in Cottbus gerne christlichen ƒrzten an, wenn es an die eigene Haut ging. Da Horntrich 1971 Chef der Chirurgischen Klinik wurde, sieht er heute so: "Obwohl Christ, wurde ich respektiert. Der Idealtyp von sozialistischem Leiter war ich sicher nicht. Aber damit konnten die Genossen, die ber solche Stellen zu entscheiden hatten, offenbar leben."
Immer hatte Dr. Horntrich ein offenes Ohr fr "den kleinen Mann". Das erfuhr der Sonntagsgottesdienstbesucher, der ihn nach der heiligen Messe mit einem heiklen Gesundheitsproblem vor der Kirchentr ansprach, genauso wie der frisch Operierte oder der Sterbende
In einer Gesprchsrunde ber das Sterben sagte er einmal, da er von seinen ihm unterstellten ƒrzten verlangt, da sie den Mut haben und sich die Zeit nehmen, auch ohne direkten medizinischen Grund das Krankenzimmer eines Sterbenden aufzusuchen. Und was er von anderen verlangte, das tat er natrlich selbst
Nach der Wende, als so vieles ins Wanken kam, bernahm er noch mehr Verantwortung. Seine Kollegen whlten ihn an die Spitze des damaligen Bezirkskrankenhauses. Acht Jahre lang fllte er diesen Arbeitsplatz aus, der mit so vielen Sachzwngen und erfreulichen wie unpopulren Entscheidungen gleichermaen verbunden war. Und nun, da seine berufliche Laufbahn als Chirurg und Direktor des grten Krankenhauses im Land Brandenburg zu Ende geht, gab er dem Drngen der Kommunalpolitiker nach und kandidierte im September fr das Cottbuser Stadtparlament
Mit einer der hchsten Stimmenzahlen wurde er gewhlt. Die Brger der Stadt wissen Horntrichs einfhlsames Wesen zu schtzen, seine Art zuzuhren, bedachtsam zu raten und bei gewonnener berzeugung zu handeln
Bischof Rudolf Mller dankte Dr. Horntrich fr sein Engagement und gab der Hoffnung Ausdruck, da er auch im kommenden Jahr eine adventliche Stunde im Carl-Thiem-Klinikum arrangieren mge. Gebet und Frbitte fr Patienten, Schwestern und ƒrzte sind an Orten des Engagements gegen das Leid und fr die Hoffnung besonders wichtig
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 17.01.1999