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Aus der Region

Zum Familienurteil des Bundesverfassungsgerichtes

Gastbeitrag

Es ist schon beeindruckend, mit welcher Kraft das Bundesverfassungsgericht in Sachen Familienlastenausgleich auf den Tisch gehauen hat, auf den "Tisch" des Bundestages. Höchstrichterlich wird festgestellt, daß Ehepaare die Kosten für Betreuung und Erziehung ihrer Kinder in einem viel stärkeren Umfang steuerlich geltend machen können, als Politiker - gleich welcher Partei - ihnen dies je zugestanden hätten

Mir fallen an dem Urteil und der sich anschließenden öffentlichen Diskussion drei Dinge auf. Da ist zunächst der ursprüngliche Klagegrund: Es ging darum, daß verheiratete Ehepaare im Vergleich mit nichtehelichen Paaren und Alleinerziehenden steuerlich nicht schlechter gestellt werden dürfen. Dies ist bis heute der Fall. Es ist meines Erachtens familienpolitisch bezeichnend, daß die auf der Ehe gegründeten Familien ihre Rechte im Sinne der Gleichbehandlung einfordern müssen. Ganz normale Familien - das Leitbild unserer Verfassung - sind ganz offensichtlich gegenüber anderen familienähnlichen Gemeinschaften benachteiligt

Zum zweiten: Das Urteil selbst macht - wenn auch verkürzt an der Frage der Kosten - deutlich, daß die Erziehung von Kindern keine reine Privatangelegenheit der Eltern ist. Kinder sind kein Luxus derer, die es sich leisten können. Kindererziehung ist vielmehr eine Aufgabe, die uns alle angeht. Unsere Gesellschaft muß Eltern dabei helfen. In diesem Sinne sind die Kosten überhaupt steuerlich absetzbar

Und schließlich: Nach dem Urteilsspruch verlagerte sich die Diskussion sehr schnell darauf, wie die Umsetzung denn nun zu finanzieren sei. Es entstand der Eindruck, daß das Bundesverfassungsgericht die Politiker gezwungen hat, Familien mehr Geld zu geben - Geld, das andere wieder aufbringen müssen. Richtig ist aber: Es wird den Familien nicht mehr gegeben, sondern es wird ihnen nur das belassen, was ihnen gerechterweise zusteht. Das Urteil bedeutet nicht, daß Familien mehr "Almosen" erhalten. Vielmehr wird der bislang praktizierten und subtilen Ausbeutung von Familien Einhalt geboten. Das ist gut so und entspricht den jahrelang erhobenen Forderungen des Familienbundes

Wie sollen nun aber die Steuerausfälle kompensiert werden? Die SPD-Familienexpertin Christel Hanew../../inckel fordert die Abschaffung des Ehegattensplittings. Familienpolitisch wäre es aber ein großer Fehler, die notwendigen neuen Einnahmen gerade bei denen zu suchen, denen durch das Karlsruher Urteil Gerechtigkeit zukommen sollte - den ganz normalen Familien. Das Ehegattensplitting ist nämlich ein steuerpolitisches Instrument, das deutlich macht, daß das Einkommen von verheirateten Paaren als gemeinsames Einkommen zu sehen ist. Es steht das Bild der Ehe als Solidargemeinschaft dahinter. Nur wer dieses Bild nicht kennt und anerkennen will, kann ernsthaft über die Abschaffung des Ehegattensplittings nachdenken. Noch ist dieses Leitbild verfassungsmäßig geschützt

Es wäre schade, wenn das Bundesverfassungsgericht in wenigen Jahren in Sachen Ehegattensplitting wieder auf den Tisch hauen müßte. Schade, wegen der schwindenden Sensibilität in unserer Gesellschaft für die Belange von Familien. Schade wegen der Uneinsichtigkeit der verantwortlichen Politiker. Schade, weil bis dahin wieder diejenigen die Last tragen würden, die entlastet werden sollten - die ganz normalen Familien ..

Dr. Kurt Herzberg,
Familienbund der Deutschen Katholiken, Diözesanverband Erfurt

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 31.01.1999

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