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Bistum Magdeburg

Maria Liebisch aus Osterwieck hat zahlreiche Ehrenämter

Porträt

"Not sehen und handeln" hieß das Leitwort des Deutschen Caritasverbandes zum 100. Verbandsjubiläum vor zwei Jahren. Das Motto würde sich auch als Titel für eine Lebensbeschreibung der Osterwiecker Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Maria Liebisch eignen. Die Veterinär-ingenieurin im Ruhestand gehört nicht zu denen, die erst mit der Nase darauf gestoßen werden müssen, wenn es irgendwo brennt

Es zählt auch nicht zu den Angewohnheiten der sechsfachen Großmutter, "erst einmal eine Nacht drüber zu schlafen", wenn sie um Hilfe gebeten wird. Wenn sie von etwas angerührt ist, springt sie selbst in die Bresche und versucht gleichzeitig immer auch, andere Helfer zu mobilisieren

In einem Brief an die Gemeinde schilderte der frühere Osterwiecker Pfarrer Peter Danisch vor einiger Zeit die Not der Waisenhauskinder in seinem heutigen Wirkungsfeld im sibirischen Tscheljabinsk. Maria Liebisch ließ dieser Brief keine Ruhe. Sie begann, in der kleinen Stadt am Harzrand auf die Notlage aufmerksam zu machen und für die Kinder zu sammeln

Drei Hilfssendungen hat sie bereits auf den Weg nach Tscheljabinsk gebracht, eine mit Anoraks, eine mit Hosen und eine mit Sportartikeln und mit Pullovern, die Frauen aus der katholischen Gemeinde selbst gestrickt hatten. Einige Kinder bedankten sich mit bewegenden Briefen für die Hilfe. Wenn Pfarrer Danisch am 9. Februar Osterwieck besuchen wird, möchte ihm die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Geld überreichen, das sie zur Zeit noch sammelt. Auch politisch ist sie engagiert. Sie gehört zum Sozialausschuß des Landkreises und kämpft dort für eine möglichst "bürgernahe" Politik

Ihr Blick richtet sich nicht nur auf menschliche Notlagen, sondern schließt die gesamte Schöpfung ein. Als Tierschutzbeauftragte des regionalen Tierschutzvereins setzt sie sich für ausgesetzte und gequälte Haustiere ein. "Die gesamte Schöpfung ist eine Einheit", sagt sie, und wünscht sich, daß dieser Gedanke in der Kirche stärker ins Bewußtsein rückt. Ihr Mann Hans engagiert sich im Umweltschutz. Sein Rat wird in Osterwieck eingeholt, wenn es um den Baumbestand der Stadt geht, und unter anderem hat er die Sanierung einer DDR-Giftmülldeponie im nahegelegenen Sperrgebiet mit auf den Weg gebracht

"Je schwieriger es in der Gesellschaft wird und je mehr unsere katholische Gemeinde zusammenschrumpft, desto stärker scheinen mir Gemeinschaft und Zusammenhalt gefragt zu sein", sagt Maria Liebisch. Um den Zusammenhalt der großteils schon älteren Gemeindemitglieder zu stärken, bietet sie unter anderem monatliche Seniorennachmittage mit unterschiedlichsten Themen und Referenten an. Zu 180 Senioren in Osterwieck und in sechs umliegenden Dörfern hat sie in den vergangenen Jahren Kontakt gehalten, besuchte sie unter anderem zu Geburtstagen und Jubiläen und ging dabei häufig über die Grenzen ihrer eigenen Kräfte

Die alten Frauen und Männer, die teilweise nur noch lockeren oder gar keinen Kontakt mehr zur katholischen Kirche haben, freuen sich über die Besuche. Nicht selten ergeben sich Gespräche, die über einen oberflächlichen Plausch hinausgehen. Daß sich jemand in Folge ihres Besuches entschließt, zu einem Seniorennachmittag zu kommen oder intensiver am Gemeindeleben teilzunehmen, kommt allerdings beinahe nie vor. Die engagierte Frau ist darüber enttäuscht. Eigentlich hatte sie gehofft, daß sich andere finden würden, die den Besuchsdienst mit ihr teilen würden, zum Beispiel Mitglieder des 1990 gegründeten Caritas-Kreises der Gemeinde

Sehr engagiert ist dieser Kreis bei den halbjährlichen Caritassammlungen. Zehn Sammelbüchsen sind in der Regel im Umlauf, zur Freude von Maria Liebisch auch in den Dörfern. Ihr ist es wichtig, daß die katholische Kirche auch dort präsent ist. Sie selbst stellt sich regelmäßig mit der Büchse in die Osterwiecker Innenstadt, wenngleich sie jedesmal von neuem vorher Angst hat, "wie vor einem E-xamen". Nach Abschluß der Aktion bedankt sie sich bei jeder Sammlerin mit einer schönen Karte, auf der das persönliche Sammelergebnis zu lesen ist

Kraft für ihre vielfältigen Aktivitäten in Kirche und Gesellschaft schöpft sie aus ihrem Glauben und aus Begegnungen mit anderen Christen über die eigene Pfarrei hinaus, zum Beispiel bei den Akademieveranstaltungen des Albertus-Magnus-Forums in Halberstadt oder bei Tagungen des Diözesan-Caritasausschusses, dem sie angehört.

Dorothee Wanzek

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 31.01.1999

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