Gedenken an die russischen Märtyrer des 20. Jahrhunderts
Partnerschaftsaktion Ost
DIE FÜR CHRISTUS GELITTEN HABEN
DIE UNTERDRÜCKUNG DER RUSSISCH-ORTHODOXEN KIRCHE
1917-1956
(SA CHRISTA POSTRADAWSCHIJE GONENIJA NA RUSSKUJU PRAWOSLAWNUJU ZERKOW' 1917-1956)
Biographisches Handbuch,
Erster Band, A - K,
Herausgegeben vom Orthodoxen Theologischen Institut St. Tichon, Moskau, 1997
S. 415, 416
(Jelisaweta Fjodorowna Romanowa)
Vorsteherin des Martha-und-Maria-Klosters
Großfürstin
Älteste Schwester der Zarin Alexandra Fjodorowna
1864 Am 20. Oktober 1864 wurde sie in der Familie des Großherzogs Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt und der Prinzessin Alice, der Tochter der englischen Königin Victoria, in Darmstadt in Deutschland geboren. Sie wurde im lutherischen Glauben erzogen.
1884 Im Jahr 1884 ging sie die Ehe ein mit dem Großfürsten Sergej Alexandrowitsch Romanow, einem Sohn des Zaren Alexander II.
1891 Am 13. April 1891 (Lazarus-Samstag) nahm sie den orthodoxen Glauben an.
1891 Der Großfürst Sergej Alexandrowitsch wird zum Generalgouverneur von Moskau ernannt; die Eheleute ziehen nach Moskau um.
1905 Am 5. Februar 1905 fällt der Großfürst Sergej Alexandrowitsch dem Attentat des Terroristen Kaljajew zum Opfer.
1909 Seit dem 10. Februar 1909 ist Elisabeth Vorsteherin des Martha-und-Maria-Klosters in Moskau.
1918 Am 7. Mai 1918 erfolgt ihre Verhaftung und Verschleppung nach Jekaterinburg.
Am 20. Mai 1918 wird sie nach Alapajewsk, Kreis Werchotursk, Gouvernement Perm, gebracht.
Am 18. Juli 1918 stirbt sie den Märtyrertod.
Ihre Grabstätte ist die Russische Kirche der heiligen apostelgleichen Maria Magdalena in Jerusalem
Die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna wurde einen Tag nach der Erschießung der Zarenfamilie getötet. Ebenso wie ihre leibliche Schwester, die Zarin Alexandra Fjodorowna, starb sie als Märtyrerin in dem Land, das ihr zur zweiten Heimat geworden war, ganz in der Hingabe an Christus und das ihr liebgewordene Volk
Durch ihre Eheschließung und ihre Übersiedlung nach Rußland wurde die junge Großfürstin allmählich von der Schönheit der orthodoxen Glaubenslehre durchdrungen, und nach sieben Jahren beschloß sie auf ihren eigenen innigen Wunsch hin, ungeachtet der Proteste der Verwandten, sich der Orthodoxen Kirche anzuschließen. Nach der Übersiedlung nach Moskau übernahm die Großfürstin Werke der Barmherzigkeit. Sie besuchte Krankenhäuser, Waisenhäuser und Gefängnisse und organisierte Werkstätten für Frauen. Die Ermordung ihres Ehegatten ertrug sie mit erstaunlicher Größe. Am dritten Tag nach dem Tod ihres Mannes fuhr Elisabeth Fjodorowna zu seinem Mörder ins Gefängnis. Sie rief ihn zur Reue auf und bat den Monarchen, den Mörder zu begnadigen
Mit ihren eigenen Mitteln kaufte die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna in Moskau ein Stück Land mit vier Gebäuden dazu und begründete das Martha-und-Maria-Kloster. Nach der Abendmesse am 9. Februar 1909 weihte Bischof Dmitrowskij Trifon (Turkestanow) nach einer vom Heiligsten Synod ausgearbeiteten Zeremonie die Klosterbewohnerinnen als Kreuzschwestern der Liebe und Barmherzigkeit. Am darauffolgenden Tag übergab der heilige Wladimir, Metropolit von Moskau und Kolomensk den Schwestern die Kreuze und gab Elisabeth Fjodorowna den Segen als Vorsteherin. An diesem Tag sagte die Großfürstin: "Ich verlasse die glänzende Welt,...aber gemeinsam mit Ihnen allen erhebe ich mich in eine höhere Welt, in die Welt der Armen und Leidenden". Im Kloster wurden zwei Kirchen begründet, die Martha-und-Maria-Kirche und die Schutzmantel-Kirche, ein Krankenhaus, eine Apotheke, in der die Medikamente für die Armen kostenlos ausgegeben wurden, ein Waisenhaus und eine Schule. Außerhalb der Klostermauern wurde ein Krankenhaus für tuberkulosekranke Frauen errichtet
Zu den Pflichten der Schwestern gehörte auch der Besuch kranker und alter Menschen sowie die Hilfe für arme Familien. Die Großfürstin persönlich kümmerte sich selbstlos um die Kranken und assistierte bei Operationen. Sie suchte ständig die mit Vagabunden, Dieben und geflohenen Häftlingen überfüllten Spelunken des Chitrow-Marktes auf und brachte obdachlose Kinder ins Waisenhaus
Im Maria-und-Martha-Kloster führte die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna ein entbehrungsreiches Leben: Sie schlief auf einer Holzpritsche ohne Matraze, selten mehr als drei Stunden; sie nahm nur sehr wenig Nahrung zu sich und hielt sich streng an die Fastenvorschriften; um Mitternacht stand sie zum Gebet auf. Danach besuchte sie alle Krankenzimmer, und oft blieb sie bis zum Morgengrauen am Bett der Schwerkranken. Ungeachtet der Erschöpfung ging von ihrem Gesicht immer ein stilles, wohltuendes Leuchten aus. In den letzten Jahren verbreitete sich die Nachricht, daß die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna insgeheim die große Askese übernahm, die nach Alexij benannt ist
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges arbeiteten die Großfürstin und die Klosterschwestern ständig in den Moskauer Hospitälern, die mit Verwundeten überfüllt waren. Unter der Leitung von Elisabeth Fjodorowna wurden (wie schon während des russisch-japanischen Krieges
1904-1905) Sanitätszüge gebildet, Lager für Medikamente und Ausrüstungen eingerichtet und Wanderkirchen an die Front geschickt
Nach der Revolution bot sich ihr mehrfach die Gelegenheit, sich ins Ausland abzusetzen, aber sie lehnte es, ungeachtet der ihr drohenden Lebensgefahr, ab. Am 7. Mai 1918, dem Tag der Iwersker Ikone der Gottesmutter, in der Heiligen Woche, besuchte der heilige Patriarch Tichon das Martha-und-Maria-Kloster. An diesem Tag wurde die Großfürstin verhaftet und nach Jekaterinburg gebracht, wo sich bereits die Zarenfamilie befand. Die Großfürstin wurde von zwei Klosterschwestern begleitet, von Warwara Jakowlewa und Jekaterina Janyschewa. Die Weggefährten der Großfürstin wurden auf freien Fuß gesetzt, jedoch erwirkte Schwester Warwara, daß sie bei Elisabeth Fjodorowna bleiben konnte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Jekaterinburg, wo die Gefangenen in einem Frauenkloster wohnten, brachte man sie in die Stadt Alapajewsk. Hierher hatte man auch schon den Großfürsten Sergej Michajlowitsch und seinen Sekretär F. M. Remes gebracht, die Fürsten Johann Konstantinowitsch, Konstantin Konstantinowitsch und Igor Konstantinowitsch sowie den Fürsten Wladimir Palej
Sie alle waren in einem Gebäude untergebracht, das man die "Napol'naja Schkola" nannte. In der Nacht des 18. Juli (dem Tag des ehrwürdigen Sergej Radonesh, des himmlischen Schutzpatrons des Ehemannes von Elisabeth Fjodorowna, des Großfürsten Sergej Alexandrowitsch), wurden die Gefangenen in das Bergwerk Nishnjaja Selimskaja, unweit von Alapajewsk, gebracht. Der Großfürst Sergej Michajlowitsch wurde durch einen Kopfschuß getötet. Die anderen wurden durch Gewehrkolbenschläge schwer verletzt und noch lebendig in einen Bergwerksschacht gestürzt. Dann verschütteten die Mörder den Schacht durch Handgranaten, um die Spuren des Verbrechens zu beseitigen. Als erste wurde die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna hinabgestürzt. Sie fiel nicht bis auf den Grund des Schachtes, sondern auf einen Vorsprung, der sich in 15 m Tiefe befand. Schwer verwundet riß sie von ihrem Gewand Stoffstreifen ab und verband die Wunden des Fürsten Johann Konstantinowitsch, der neben sie gestürzt war. Ein Bauer, der zufällig in der Nähe des Schachtes war, wurde Zeuge des Verbrechens und vernahm später Kirchengesänge aus der Tiefe des Schachtes
Am 28. September 1918 zog die Weiße Armee in Alapajewsk ein. Die Körper der Märtyrer wurden aus dem Schacht geborgen. Bei den ehrwürdigen Märtyrerinnen Elisabeth und Warwara sowie beim Fürsten Johann Konstantinowitsch wurden die Hände zum Kreuzzeichen gefaltet. Die Särge mit den sterblichen Überresten der Märtyrer von Alapajewsk wurden im Jahr 1920 nach Peking überführt und fanden ihren Platz in der Kirche des ehrwürdigen Serafim Sarowskij. Auf den Wunsch der Schwester von Elisabeth Fjodorowna hin, der englischen Prinzessin Victoria, wurden die Särge mit den Gebeinen der Märtyrerinnen Elisabeth Fjodorowna und der Nonne Warwara nach Jerusalem gebracht. Sie ruhen nun in der Russischen Kirche der heiligen apostelgleichen Maria Magdalena im Garten von Getsemane am Fuße des Ölberges. Die Großfürstin Elisabeth Fjodorowna und die Nonne Warwara wurden durch die Versammlung der Erzpriester (Archijerejskij Sobor) der Russisch-Orthodoxen Kirche (31. März - 4. April 1992) in die Schar der Heiligen eingereiht. Die ehrwürdige Märtyrerin Elisabeth wird vom russischen Kirchenvolk als eine der größten und beliebtesten selbstlosen Streiterinnen der jüngeren Vergangenheit verehrt
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 07.02.1999