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Aus der Region

Das Ziel liegt am Ende der Welt

Pilgerweg in Spanien

"Finis Terrae - Ende der Welt" nannten die Alten den weltabgelegenen Winkel im äußersten Nordwesten Spaniens, wo wirklich Europa, und damit die bekannte Welt endete. Und gerade hier kam, so die Überlieferung aus dem Mittelalter, auf abenteuerlichem Weg der Leib des heiligen Jakobus von Jerusalem an. Vor den muslimischen Kriegern verborgen, geriet die genaue Stelle, wo der Leichnam sich befand, in Vergessenheit, bis er auf wunderbare Weise wieder zu Tage trat: Einem frommen Einsiedler fiel das Licht auf, das sich nachts auf ein Feld, das Sternenfeld oder "Campus Stellae", ergoß, das in der galicischen Landessprache zu "Compostela" wurde. Als Ursache für die merkwürdige Lichterscheinung wurde das verschollene Grab des heiligen Jakobus ermittelt

Später, in der legendären Schlacht von Clavijo, hat der mächtige Heilige dem bedrängten christlichen Herrscher in höchster Not gegen die "Mauren" durch tatkräftige Unterstützung von einem Schimmel herab einen überwältigenden Sieg verschafft, der letztlich den Ruhm des Apostels selbst ins Unermeßliche steigerte. Grab und Kirche wurden zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte in Europa. Pilger strömten nicht nur aus allen Teilen Spaniens und Portugals herbei, sondern von überall her aus dem Raum der westlichen, römischen Kirche kamen sie bis von den Britischen Inseln, Skandinavien, dem Baltikum, Italien und natürlich aus dem deutschen Sprachraum und vor allem Frankreich

Erst die Reformation, die die alte Einheit der Kirche auflöste und außerdem der Heiligenverehrung ablehnend gegenüberstand, führte zum Abflauen der Begeisterung. Die Aufklärung tat - besonders in Spanien - ein übriges, so daß alte und viel begangene Pilgerwege in Vergessenheit gerieten

Dennoch: Der Jakobsweg ist in seiner Bedeutung für die Geschichte Europas kaum zu überschätzen, denn über diese Spur - es handelt sich im übrigen um ein ganzes Bündel von Wegen quer durch den Kontinent - strömten zahlreiche Pilger und mit ihnen zogen Ideen, verbreiteten sich neue Techniken und das Wissen der Zeit. Dies ist sogar heute noch sichtbar, zum Beispiel in der Architektur: Ähnliche Bauformen findet man in Oberitalien wie in Burgund, Südfrankreich oder eben Spanien, Kirchen, deren Patron der heilige Jakobus ist, gibt es in ganz Europa in großer Zahl, und immer wieder stoßen die Archäologen auf Gräber, bei denen eine beigegebene Muschel einen verstorbenen Jakobspilger kennzeichnen

Der Europarat hat dem Rang dieser Kulturströme dadurch seinen Respekt bezeugt, daß er 1987 einen Teil der alten Jakobswege in Spanien, wo alle Pilgerstraßen zusammenlaufen, zur Europäischen Kulturstraße erklärte, dem ersten Kulturdenkmal übrigens, das kein einzelnes Gebäude war

Die Folge: Alte, verfallene Wallfahrtswegstrecken wurden wiederhergestellt und gepflegt, Pilgerherbergen und bessere Unterkünfte gebaut, die Infrastruktur in diesem wenig entwickelten Landstrich verbessert und der Tourismus gefördert. Damit nahm auch die Wirtschaft einen Aufschwung, ein Segen für die Menschen

Auch in diesem Jahr, in dem in Santiago ein Heiliges Jahr begangen wird (immer dann, wenn das Jakobsfest auf einen Sonntag fällt) werden neben Millionen Touristen wieder 100 000 Pilger erwartet, darunter viele Deutsche. Santiago ist weiter ein Angelpunkt für die kulturelle Prägung Europas

eltz

Ein "Praktisches Handbuch für Jugendgruppen zur Vorbereitung und Durchführung von Wanderungen auf dem spanischen Jakobsweg" kann beim Referat Jugendseelsorge des Bistums Erfurt (Regierungsstraße 44a, 99084 Erfurt, Tel 0361 / 6572342; Fax 03 61 / 6572319) für 16 Mark bestellt werden. Die Jugendseelsorge lädt außerdem wieder (vom 28. Juli bis 10. August) zu einer Jakobswegwanderung in Spanien ein. Die Reise kostet 620 Mark. Im Augenblick sind noch einige Plätze frei.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.02.1999

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