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Bistum Erfurt

Freiwillig von "Stütze" leben?

Eine Aktion der Caritas und der Diakonie in Weimar

Weimar (as) -Beim Einkaufen jeden Pfennig umdrehen. Kein Kino, kein Theater, kein Auto. Vom Urlaub ganz zu schweigen. Für 148 000 Thüringer ist der Verzicht ein Teil ihres Lebens, denn sie müssen mit Sozialhilfe auskommen. Bundesweit sind es rund drei Millionen Menschen, darunter 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche -Tendenz steigend.

"Sozialhilfe zu bekommen bedeutet nicht nur, wenig Geld zu haben, sondern auch ausgegrenzt und allein zu sein", erläutert Antje Odenthal vom Diakonischen Werk in Weimar. "Es bestehen große Vorurteile gegenüber Sozialhilfeempfängern", meint sie. Eins davon sei, dass sie als Drückeberger oder als Arbeitsscheue abgestempelt werden. Zusammen mit der Caritas-Regionalstelle in Weimar und dem Evangelischen Studentenpfarramt hat sich ihre Organisation jetzt eine besondere Aktion ausgedacht. Ab November werden in Weimar Freiwillige für einen Monat versuchen, mit dem Regelsatz der Sozialhilfe auszukommen. Damit sollen sich die Teilnehmer mit dem Leben an der Armutsgrenze praktisch wie gedanklich auseinandersetzen. Mitmachen kann praktisch jeder.

Der Sinn der Sozialhilfe ist umstritten. Dass häufig auch Erwerbstätige nicht viel mehr Geld als Sozialhilfeempfänger zur Verfügung haben, ist eine Tatsache, die oft nicht gesehen wird.

Mit Sozialhilfe zu leben bedeutet, einen gesetzlichen Regelsatz für den Lebensunterhalt zu bekommen. Der wiederum richtet sich nach der Größe der Familie, nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, nach Kindergeld und anderen Unterhaltszahlungen oder auch nach vorhandenem Vermögen. Diesen Satz kann sich jeder Teilnehmer an der Aktion sehr leicht selbst ausrechnen. Eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind unter fünf Jahre zum Beispiel hat Anspruch auf einen Sozialhilfesatz von 829 Mark, die Miete ausgenommen. Der Unterhalt des Vaters oder das Kindergeld werden abgezogen.

Davon nun müssen alle Ausgaben des täglichen Bedarfs, von der Ernährung bis zur Stromrechnung, bestrittten werden. Ganz neu ist die Idee vom freiwilligen Leben mit Sozialhilfe allerdings nicht. Im Bistum Münster und im Erzbistum Berlin gab es solche Aktionen schon während der Fastenzeit. Aber gerade in Weimar sei dies ein wichtiges Zeichen, betont Caritas-Sozialarbeiterin Barbara Osborg. In der Touristenstadt würden sozial Schwache mehr und mehr an den Rand gedrängt. Der Einführungsabend ist am 31. Oktober im Gemeindehaus der Weimarer evangelischen Kreuzkirche.

Weitere Informationen:

Caritas-Regionalstelle

Michael Wenzel

Thomas-Müntzer-Straße 18

99423 Weimar

Tel. (0 36 43) 20 21 49

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 43 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.10.2001

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