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Bistum Dresden-Meißen

Eindrücke einer Begegnung mit dem Papst

Bischof Joachim Reinelt

"Sie kommen aus Rom! Waren Sie beim Papst?", fragt ein Lehrerehepaar aus Dresden den Bischof bei der unfreiwillig verlängerten Zwischenlandung in München. "Ja. So schwierig ist das gar nicht, ich habe sogar schon die Bilder." "Nein, nein, wir glauben's Ihnen auch so." Und schon war man im schönsten Gespräch

Als ich Bischof Reinelt letzten Freitag Nacht vom Flughafen in Dresden-Klotzsche abholte, war diese kleine Geschichte das erste, was er erzählte. Der Kontakt mit denen, die Gott vielleicht sehr fern stehen, ist für ihn immer eine Herausforderung. Es macht ihm augenscheinlich Freude, diese Kontakte zu provozieren und dann auch zu pflegen

Doch der etwas dramatische Rückflug war ja nur der Abschluß einer Begegung, an der 120 Bischöfe aus der ganzen Welt teilnahmen und die sich im Geist der Fokolarbewegung in Castellgandolfo trafen. Die Einheit untereinander und die sichtbare, ja greifbare Einheit mit dem Nachfolger Petri sind immer die tiefsten Eindrücke, die von solch einer Woche bleiben. Denn es sind auch Exerzitien, Einübung in den Geist und die Lebensweise des Herrn, der "auf einen Berg (stieg), um in der Einsamkeit zu beten" (Mt 14,23), der vor allem aber in der Mitte seiner Jünger lebte, sie das neue Gebot lehrte: "Für uns Bischöfe heißt das konkret, das Bistum des anderen Bischof ebenso zu lieben und im Herzen zu haben wie das eigene."

Exerzitien, das ist gelebte, gemeinsame Erfahrung. So war es für Bischof Reinelt eine besondere Freude, daß Bischof Degenhardt aus Paderborn zum wiederholten Male mit einem seiner Weihbischöfe an der - bei allem Programm - sehr familiären Begegnung teilnehmen konnte. "Solche Tage schweißen uns als Hirten, die wir ja auch zum Volk Gottes gehören, in brüderlicher Weise mehr zusammen als alle Arbeitssitzungen, zu denen die Amtsbrüder aus der ganzen Welt kommen, wo aber zu Austausch und gelebter Erfahrung einfach zu wenig Raum ist."

"Auch den Papst trifft man ja als Bischof normalerweise nur zu offiziellen Anlässen. Ihn hier in der Gemeinschaft zu erleben mit seinem verschmitzen Humor, seiner unglaublichen Wachheit und Brüderlichkeit, ist ein bleibender Eindruck", schwärmt der Bischof regelrecht. "Der Papst ist absolut kein alter Mann, körperlich gebrechlich, das schon, aber geistig agil und von einer gewinnenden Herzlichkeit. Er hat wirklich eine besondere Gnade als Person und in seinem Amt, das haben wir, glaube ich, in dieser Stunde alle erfahren dürfen."

An der Audienz beim Heiligen Vater hat auch Chiara Lubich teilgenommen, die dem Papst gegenüber ihr Versprechen erneuerte, sich besonders für die Einheit unter den geistlichen Bewegungen und neueren kirchlichen Gemeinschaften einzusetzen. Johannes Paul II. brachte in einem herzlichen Grußwort seine brennenden Anliegen zum Ausdruck, für deren Umsetzung er Ansätze in der Fokolarbewegung sieht und denen er hier, wie auch für die ganze Kirche Wachstum und Vertiefung wünschte: "Ihr habt (in diesen Tagen) die Bedeutung des lebendigen Gebets und der geistlichen Betrachtung unterstrichen, jene Erfahrung der Liebe, die die Seele erhebt und sie mit Gott vereinigt. ,Abba, Vater', ist der Ausruf, der spontan aus dem Herzen des Gläubigen aufsteigt, erleuchtet durch den Heiligen Geist."

Aus der Einheit mit Gott und untereinader lebt Familie. "Man spürt dem Papst diese Einheit, die er mit Gott hat, regelrecht an", meint Bischof Reinelt nicht ohne innere Bewegung, "und die Familie liegt ihm so sehr am Herzen"! Hierzu hatte der Papst gesagt: "Eine besondere Erwähnung verdient die Erfahrung der Fokolarbewegung auf dem Gebiet der ehelichen Gemeinschaft, die auf dem festen Fundament christlicher Werte gebaut ist. Aus der richtigen Verankerung der Familie im ursprünglichen Schöpfungsplan leiten sich solche tragenden Haltungen wie Annahme, Achtung vor dem menschlichen Leben ebenso ab, wie die gegenseitige Unterstützung, die so ein keimhaftes Modell für die gegenwärtige Gesellschaft schaffen, die ja mit nicht wenigen Problemen behaftet ist."

Die halbe Stunde Autofahrt vom Flughafen bis zum Haus des Bischofs war wie "im Fluge" vergangen: "Das Treffen mit dem Papst in der Gemeinschaft der vielen Bischöfe aus aller Welt war für mich sehr wichtig und gibt mir und uns allen Zuversicht in den nicht leichten Entscheidungen der nächsten Zeit", sagt Bischof Reinelt. Schon in dieser Woche tagt die Deutsche Bischofskonferrenz

Andreas Martin

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 21.02.1999

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