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Bistum Magdeburg

"Norbertiner" ist ihr neuer Familienname

Magdeburger Gehörlosengemeinschaft hat jetzt wieder einen Seelsorger

Magdeburg (pj) - Etwa 20 Menschen haben sich am Samstag im hinteren Teil der Magdeburger St.-Josefs-Kirche versammelt. Weihbischof Gerhard Feige segnet die Weidenzweige für den vorgezogenen Palmsonntagsgottesdienst - er spricht sehr langsam und laut. Neben ihm steht Christina Gehrmann und "übersetzt" die Worte des Bischofs in die Gebärdensprache. Die Dolmetscherin ist seit 1974 in der Gehörlosengruppe des Bistums Magdeburg und seit fünf Jahren Vorsitzende und Diözesan-Obfrau. Sie ist nicht als Gehörlose auf die Welt gekommen, sondern vor 30 Jahren durch einen Hörsturz ertaubt und kann deshalb im Gegensatz zu anderen Gehörlosen gut sprechen. "Ich war mal Hörende unter Hörenden. Meine Welt orientiert sich noch dort und mir fehlen viele Dinge, vor allem die Musik", erzählt sie.

Nach der Versetzung des letzten Gehörlosenseelsorgers Ulrich Schade vor drei Jahren hat sie sich dafür stark gemacht, dass der Gehörlosentag bleibt. Geholfen hat ihr dabei Heinz Werner, Pfarrer der Magdeburger Josefs-Gemeinde. Er zelebrierte aber nur für die Gruppe, ein großes Manko blieb: "Seit 1998 hatten wir keine Beichte in Gebärdensprache, auch keinen Zuspruch bei Problemen", erzählt Christina Gehrmann. Warum engagiert sie sich so stark? "Gehörlose haben es in den Gemeinden schwer, sie sind isoliert und weit voneinander entfernt." Deshalb sei der monatliche Treff so wichtig. "Die Menschen brauchen die Gruppe unbedingt, weil sie hier ihre Sprache sprechen können und verstanden werden." Eines ihrer größten Anliegen war der Name für die Gemeinschaft: "Das schafft Zusammengehörigkeitsgefühl wie ein Familienname", ist sie sich sicher. Nun sind die Gehörlosen des Bistums die "Norbertiner". Weihbischof Georg Feige gab der Gruppe im Gottesdienst den Namen des heiligen Norbert von Xanten und brachte noch eine erfreuliche Nachricht mit: Pfarrer Werner hat die Aufgabe des Gehörlosenseelsorgers übernommen. "Darüber bin ich sehr froh", meint der Bischof. Er wird jetzt auch in einem Sprachkurs die Gebärdensprache lernen. "Ohne Pfarrer Werners Entscheidung ginge es uns schlecht", freut sich auch Christina Gehrmann. Dass nach der Versetzung von Ulrich Schade keine Vorsorge für einen Nachfolger getroffen wurde, ärgert sie immer noch: "Warum schiebt man behinderte Schwestern und Brüder ins Abseits - müssen wir denn um Normalität wie Beichte und Pastoral betteln?" Was Christina Gehrmann nicht will, ist Mitleid. Ihr ist wichtig, verstanden zu werden und ihre Mitmenschen zum Nachdenken über die Situation der Gehörlosen zu bringen: "Überlegen Sie mal, was Gehörlose leisten, um in der Welt der Hörenden zu bestehen!"

Infos zu den Gehörlosentagen gibt es jeweils im Tag des Herrn auf der Bistumsseite, im MDR-Videotext für Hörgeschädigte, Tafel 580 (Sachsen-Anhalt-Seite) oder bei Christina Gehrmann, Fax (0391) 2 54 19 51.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 16 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 18.04.2001

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