Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Aus der Region

Interview mit Direktor Philipp Wiesehöfer

Ostakademie Königstein

Mit Seminaren und durch Reisen will die katholische Ostakademie (Königstein) Einblicke in die Alltagswirklichkeit in Mittel- und Osteuropa geben. Dazu der Direktor Philipp Wiesehöfer in einem Interview:

Herr Wiesehöfer, "Go East" war nach der Wende die Devise. Ist dieses Interesse am Osten wieder verflacht?
Pauschal geantwortet: Leider ja! Die anfängliche Euphorie über den Fall des "Eisernen Vorhangs" und die gespannte Neugier, wie es in den östlichen Nachbarstaaten nach dem Ende des Kommunismus weitergehen würde, sind rasch einer Ernüchterung und einer sehr pragmatischen Einstellung gewichen, als deutlich wurde, welche wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme im Osten zu bewältigen sind. Im übrigen muß ich feststellen: Das "Go East" nach der Wende war nur eine scheinbare Devise und gleichsam nur theoretisch. Tatsächlich gab es keine "Massenbewegung" gen Osten. Es gibt Gruppen, die sich ernsthaft für die östlichen Nachbarländer interessieren: die Wirtschaft, (...) die Kunstbeflissenen, (...) Fachgruppen, die sich über die Lage vor Ort informieren wollen und Kontakte suchen, schließlich viele Heimatvertriebene (...) Darüber hinaus hält sich die Neugier (...) - zumal bei Jugendlichen - in Grenzen. Gewisse Ausnahmen bilden Tschechien und Ungarn. Prag hat sich als touristischer "Renner" herausgebildet, und der Plattensee und Budapest waren schon früher ein Urlaubsziel.
Durch Reisen versuchen Sie, Interessierten die mittel- und osteuropäischen Länder näherzubringen. Was hat die Akademie zu bieten?
Europa ist größer als die heutige Europäische Union. Die geplante Osterweiterung ist schlüssig, da insbesondere die mitteleuropä-ischen Staaten zum Kernbestand der christlich-abendländischen Kultur gehören. Böhmen und Prag waren einmal das Zentrum Mitteleuropas. In Krakau hat Veit Stoß einen herrlichen Marienaltar geschaffen. Unsere Studienreisen sind mehr als touristische Erlebnisse. Sie geben Einblick in die Geschichte und Gegenwart der östlichen Nachbarländer durch Informationen aus erster Hand und durch persönliche Begegnungen mit den Menschen vor Ort. Wir haben in allen Ländern Partner in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Kirche, die mit unseren Gruppen zusammentreffen. Wer an Studienreisen der Ostakademie teilnimmt, lernt ein Land und seine Menschen wirklich kennen.
Vor allem auch veranstaltet die Ostakademie Seminare und Tagungen. Welche Themen werden behandelt, und welche Zielgruppen angesprochen?
In unseren Veranstaltungen behandeln wir Aspekte der Politik und Wirtschaft, der Gesellschaft und Kultur, der Bildung und der Religion in Ost und West. Wir informieren über die Situation und die Entwicklung in den östlichen Ländern und natürlich über die Bedeutung der Europäischen Union für die Integration Europas unter Einbeziehung der mitteleuropäischen Staaten. Außerdem bringen wir bei unseren internationalen Begegnungsseminaren Menschen aus Ost und West zusammen und leisten damit unseren Beitrag zur Verständigung und zum Dialog über die Grenzen hinweg. Insbesondere wenden wir uns an die junge Generation (...) Eine weitere Zielgruppe sind die Pfarrgemeinden. Gruppen und Vereinen bieten wir an, mit uns die östlichen Länder und besonders deren religiöses und kulturelles Leben kennenzulernen. Wenn möglich, versuchen wir auch Partnerschaften zwischen Gemeinden zu entwickeln. Ferner bieten wir Fachseminare für pädagogische Fachkräfte aus Ost und West an. Selbstverständlich stehen unsere Studienreisen allen Interessierten offen.
Sie haben die Hoffnung bekundet, Sponsoren gewinnen zu können. Was haben Sie als Gegenleistung zu bieten?
Zunächst suchen wir Sponsoren, die mit uns überzeugt sind, daß es wichtig ist, Kontakte nach Osten und Begegnungen zwischen Ost und West zu intensivieren, weil das für die Zukunft Europas von großer Bedeutung ist. Weil wir eine Vielfalt an Partnern in den östlichen Ländern haben, können wir auch konkrete Beziehungen zu Betrieben, zu Wirtschaftszweigen oder zu politischen und wissenschaftlichen Stellen herstellen, die interessant sind für eine Zusammenarbeit. Kurzum: Wir können Unternehmen, die in einem östlichen Land Fuß fassen wollen, mit Rat und Tat unterstützen.

Interview (leicht gekürzt): Regina Wilhelm (kna)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.02.1999

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps