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Bistum Dresden-Meißen

Ein Stamm mit Rissen und Rindentaschen für die Kapelle

Haus Hoheneichen

Dresden (ho/tdh) - Allen Beteiligten war klar, daß es gut wäre, entsprechend dem Namen Haus Hoheneichen eine Eiche als Grundmaterial für die Gestaltung der neuen Kapelle des Exerzitienhauses der Jesuiten in Dresden-Pillnitz zu nehmen. Am Freitag, den 26. Februar wird sie von Bischof Joachim Reinelt geweiht. Sämtliche Holzbildhauer-Arbeiten in der Kapelle wurden von Klaus Simon aus Krefeld geschaffen. Das Material stammt von einer Eiche, die vor zirka 350 Jahren gepflanzt wurde. Vor vier Jahren mußte sie aus Sicherheitsgründen gefällt werden

Wenn sich heute Besucher auf den Weg zur Kapelle machen, betreten sie einen Steg aus Eichenbohlen. Er führt sie an einen Platz, der zum Verweilen einlädt, weil von hier eine weite Sicht ist; der Blick geht zum Erzgebirge und zur Sächsischen Schweiz. Wenn sie sich dann dem Eingang zuwenden, fällt zuerst die blaue Türe auf. Die Farbe soll andeuten, daß der Besucher jetzt einen Raum betritt, der zur Sammlung und Meditation führen will. Der Meditationsraum im neuen Seminarhaus hat übrigens den gleichen Farbton

In den Blick fällt dann eine große Skulptur im Eingangsbereich. Sie hält den Besucher zuerst einmal gefangen. Die Schritte werden verlangsamt. Man kann noch nicht weiter sehen. Auffällig ist die Sichtseite. Der Stamm ist voller Risse und Rindentaschen - vielleicht ein Symbol für die Wunden des Lebens, die Verletzungen, Verwachsungen. Ganz anders wirkt die Maserung des Holzes auf der anderen Seite. Man hat den Eindruck, daß Wellen von oben nach unten fließen. Es wurde ein Vorraum geschaffen, der die Besucher zur Ruhe bringen soll, die eiligen Schritte bremst und zum Umdenken einlädt. Wie durch das "Paradies" in den alten Kirchen soll der Mensch eingestimmt werden. Wer näher hinschaut und die Skulptur umschreitet, wird zwei Kreuze entdecken - eins im Innenraum und eins an der Seite

Der Weg führt dann in den Innenraum der Kapelle. Licht fällt von oben herein, aber auch von den Seiten. Man kann das Sonnenlicht den Tag über wandern sehen

Der Blick wird dann weiter auf den Altar gelenkt - dem Mittelpunkt des Gottesdienstraumes. Markant sind seine Einschnitte, eine Dreizahl, die an die Dreifaltigkeit erinnern soll. Gottesdienst und Exerzitien sind immer ein Geschehen, das uns zu Jesus Christus und zum Vater führen will in der Hilfe und Führung des Heiligen Geistes. Die Gemeinde kann sich um den Altar auf den Seitenbänken versammeln oder auf den Hockern niederlassen. Seitenbänke und Hocker machen einen archaischen Eindruck. In romanischen und gotischen Kapellen finden sich solche Bänke, oft aus Stein, so in der Doppelkapelle auf der Neuenburg bei Naumburg. Die Hocker tragen wieder markante Kreuzeinschnitte. Bemerkenswert sind dann noch das Kreuz, dem Tabernakel gegenüber. Die Maskenform fällt auf. In Augenhöhe - wie bei einem Visier der Kreuz-Einschnitt. Hier macht sich der Einfluß aus Afrika bemerkbar, hat doch der Künstler Klaus Simon mehrere Jahre in Afrika unterrichtet

Unter dem Tabernakel, der aus der alten Kapelle stammt, sehen die Besucher einen Schrein mit Reliquien, so vom Patron des Hauses, Franz Xaver. Er war Missionar und einer der ersten Gefährten des heiligen Ignatius von Loyola

Die Sandsteinsäulen stammen von einem alten Gebäude auf dem Gelände, das abgerissen wurde. Manche Besucher fragen die Jesuiten, warum kein Kreuz oder Bild an der Rückwand hängt. Der einfache leere Raum ist für sie eine Zumutung, es entspricht nicht den Sehgewohnheiten. Aber die Ordensleute vom Haus Hoheneichen wollen den Raum noch frei lassen, damit jeder Beter oder jede Beterin Raum für ihre Gedanken und Bilder hat und sie nicht von Bildern überflutet werden, wie es sonst geschieht

Und wenn Gottesdienst gefeiert wird und die Gemeinde versammelt ist, sind die Menschen die lebendigen Bilder, die Heiligen, von denen der Apostel Paulus spricht

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.02.1999

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