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Bistum Dresden-Meißen

Fastenwort: Kirche Gottes als unser Vaterhaus

Bischof Joachim Reinelt

Wer die Karitas (Liebe) lebt und die Sündenvergebung aus Gottes Händen annimmt, erfährt die Kirche als Vaterhaus. Für Christen mit diesen Erfahrungen des Geistes Gottes ist das Institutionelle der Kirche nur notwendiges Randphänomen und die amtlichen Dienste nur die sichtbare Darstellung der viel größeren unsichtbaren Wirklichkeit. Nicht auf uns Bischöfe und Priester kommt es an, sondern auf Christus, der durch die Zeichen der Kirche wirkt. Der barmherzige Vater aber umarmt selbstverständlich auch seine Kirche. Wie könnte ich ihr gegenüber dann distanziert bleiben? Augustinus sagt darum: "In dem Grade, in dem jemand die Kirche liebt, hat er auch den Heiligen Geist.

Wer also seinen Glauben bewahren will, tut gut daran, die Kirche als Vaterhaus zu entdecken. Das Haus unseres Vaters ist offen für alle, die bereit zur Bekehrung und zur Liebe sind. Gott unterscheidet ja nicht zwischen Menschen, die er mag und anderen, die er nicht mag. "Er läßt seine Sonne aufgehen über Gerechten und Ungerechten". Er sammelt die Verlorenen in seinem Haus. So gilt für jeden, der in der Kirche das gemeinsame Zuhause des Menschen bei Gott erlebt, daß hier das Vater und das Unser für immer untrennbar miteinander verknüpft sind. Auch unsere Schwächen, auch unsere Schmerzen, Krisen, Ängste und Dummheiten - all diese unsere Schattenseiten sind durch unser In-Christus-Sein mit dem Vater verbunden

So bleibt absolut nichts außerhalb der Liebe des Vaters. Wer diese Zuversicht des Glaubens hat, kann dem Vater alles anvertrauen. Abba, lieber Vater! Vater unser - das ist ein ständiges Gebet. Es kommt zwischen ihm und Gott zu einem herzlichen Gespräch, wie zwischen Vater und Kind. Wie Jesus seine Zukunft total dem Vater anheimgestellt hat, so läßt sich der Gläubige bereitwillig alles geben und alles nehmen, wie es der Vater will. Auf diese Weise wird aus dem Getauften und Gefirmten das lebendige Wort Gottes. So wird die Zukunft Gottes zur Zukunft der Kirche

Wenn auch noch immer nicht alle Menschen unter dem sichtbaren Dach der Kirche in dem einen Vaterhaus vereint sind, so ist doch die Liebe des Vaters so groß, daß wir glauben dürfen, daß ein unsichtbares Dach des Vaterhauses über die vielen Menschen in Konfessionen und Religionen dieser Erde gebreitet ist

Das Thema dieses Jahres Gott - Vater aller Menschen" ist nicht nur Wunschbild, sondern schon jetzt Wirklichkeit. Deshalb leben wir nirgends als völlig Getrennte. Unsere menschlichen Spaltungen und Trennungen vermögen nicht die einende Kraft Gottes zu besiegen. Sie sind deshalb immer nur relative Spaltungen. Schauen wir aus diesem Grund schon jetzt immer zuerst auf das, was uns eint, denn das stammt von Gott und zeigt uns an, wie weit das Dach des einen Vaterhauses schon reicht.

Bischof Joachim Reinelt

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.02.1999

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