Acht Erwachsene zur Taufe zugelassen
Erfurter Dom
Erfurt (df/bip) - Am Vorabend des ersten Fastensonntages hat Bischof Dr. Joachim Wanke in einer liturgischen Feier im Mariendom zu Erfurt acht Erwachsene aus dem Bistum zur Taufe zugelassen. Die Frauen und Männern haben sich seit etwa einem Jahr auf den Empfang des Taufsakraments vorbereitet. In der Osternacht werden sie in ihren Heimatpfarreien getauft
In einer Betrachtung zum Bild "Der Hörende" von Toni Zentz sagte Bischof Wanke in seiner Ansprache, das Bild eines Lauschenden, der wach ist, der bereit ist, angesprochen zu werden, passe symbolisch besonders zu dieser Feierstunde. An die Taufbewerber sei der Ruf Christi ergangen und sie hätten ihn angenommen. Glaube sei nicht eine trockene Weltanschauung, sondern Dialog, Begegnung und Gemeinschaft mit Christus
Nach der Predigt trug Dompfarrer und Domkapitular Dr. Reinhard Hauke dem Bischof die Bitte der Taufbewerber vor, im Vertrauen auf die Gnade Gottes und gestützt auf die Gebete und das Beispiel der Gemeinde, nach entsprechender Vorbereitung zu den Sakramenten der Taufe, Firmung und Eucharistie zugelassen zu werden. Taufbewerber und ihre Paten stellten sich im Hohen Chor des Domes im Halbkreis vor dem Bischof auf. Die Paten bezeugten, daß die Bewerber geeignet sind, am kommenden Osterfest die Sakramente der Eingliederung in die Kirche zu empfangen. Die Taufbewerber bekundeten ihre Bereitschaft zum Empfang von Taufe, Eucharistie und Firmung. Im Beisein des jeweiligen Heimatpfarrers schrieben sich die Taufbewerber in das Taufbuch ihrer Heimatgemeinde ein. Die Eintragung steht als Zeichen für die Bereitschaft, sich weiterhin ernsthaft auf die Eingliederung in die Kirche vorzubereiten
Mit der Feier der Einschreibung hat das Bistum erstmals einen Ritus wiederbelebt, der an das Katechumenat, den Weg des "Christwerdens", der frühen Kirche anknüpft. "Wir betreten hier pastorales Neuland, denn die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land hat zu tiefgreifenden Veränderungen des religiösen Bewußtseins und der religiösen Praxis geführt", stellt Bischof Wanke als zuständiger Ortsbischof und Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz fest
Das bedeutet: Kirche und Seelsorge werden noch mehr als jetzt schon zu übersehen ist pastorales Neuland betreten müssen. Das Festhalten an den bekannten und bewährten Methoden und Wegen der Seelsorge allein wird nicht ausreichen, den neuen Herausforderungen zu begegnen. Zu der Ausrichtung künftiger Seelsorge gehört deshalb nach Wankes Überzeugung die immer neue Öffnung der Gemeindegrenzen hin auf jene, die Anschluß an die Kirche und Gemeinde suchen
Warum bitten heute in einer säkular geprägten Gesellschaft in wachsendem Maße Erwachsene um die Taufe und damit um Aufnahme in die christliche Gemeinschaft der Kirche? Für Heike Paul aus Kühnhausen bei Erfurt war längere Krankheit der Anlaß, über ihr Leben nachzudenken. Durch viele Gespräche mit ihrem katholischen Freund und seiner Familie fand sie den Weg zum christlichen Glauben. Auch für Marion Peschel aus Pößneck war die Vorbildwirkung ihres katholischen Freundes ausschlaggebend dafür, um Aufnahme in die christliche Gemeinschaft zu bitten
Mariola Jupé, Gesangsstudentin an der Hochschule für Musik "Franz Liszt" in Weimar, interessierte sich zunächst für die evangelische Kirche. Nach ihrem ersten Besuch eines katholischen Gottesdienstes wurde ihr jedoch bewußt, daß ihre geistige Heimat nur in einer katholischen Gemeinde sein könne. Bestärkt in ihrer Entscheidung wurde sie auch durch ihre Dozentin Professor Christa Grünert, die nun Patin von Mariola Jupé ist. Das katholisch geprägte Bayern mit seinen tief verwurzelten christlichen Traditionen haben bei Ilka Walter und ihrem Verlobten Olaf Steinbach aus Kromsdorf bei Weimar die Entscheidung reifen lassen, um Aufnahme in die katholische Kirche zu bitten. Die Weimarer Zwiebelmarktkönigin Ilka Walter kam bei einem beruflich bedingten zweijährigen Aufenthalt in Bayern eng in Berührung mit dem katholischen Glauben. Der in Bernburg (Sachsen-Anhalt) geborene Olaf Steinbach übersiedelte vor 20 Jahren nach Bayern und hatte dadurch schon frühzeitig Beziehungen zum vom katholischen Glauben geprägten Leben
In den östlichen Bundesländern, wo etwa 75 Prozent der Bevölkerung nicht getauft sind, hat nach der Wende die Taufe von Erwachsenen zugenommen, obwohl es nicht zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl der Taufbewerber gekommen ist. Die Taufe ist aber auch hier kein Fremdwort mehr. So sind fast zehn Jahre nach dem Fall der Mauer nicht wenige in der katholischen Kirche zuversichtlich, daß der Trend bei Erwachsenentaufen und auch bei Wiedereintritten in die Kirche nach oben zeigt. Weniger Statistik als vielmehr Hinwendung von immer mehr erwachsenen Menschen zum Gottesglauben und zur Kirche mache Hoffnung, so Bischof Joachim Wanke
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.02.1999