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Bistum Dresden-Meißen

Pax-Christi-Präsident Schnettler fordert Abschaffung

Wehrpflicht

Dresden - Der Vizepräsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, Johannes Schnettler (Aachen), hat die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert. Dies könne ein erster Schritt hin zu einer Entmilitarisierung der Gesellschaft sein, erklärte er auf einer Diskussionsveranstaltung in Dresden zu der Pax Christi ins Ökumenische Information eingeladen hatte. Die Wehrpflicht sei ein "Relikt aus dem Kalten Krieg". Die politische Entwicklung nach 1989 mache die früheren Massenheere überflüssig: "Wir sind heute von Freunden umgeben." Frühere Gegner wie Polen, Tschechien oder Ungarn wollten heute selbst der NATO beitreten

Die Konflikte würden in den letzten Jahre nicht mehr zwischen Staaten, sondern zwischen Volksgruppen ausgetragen. Gefordert sei dabei nicht die Verteidigung eines angegriffenen Staates, sondern die Reaktion internationaler Organisationen wie der OSZE, NATO oder UNO. "Dafür brauchen wir keine Bundeswehr in einer Größenordnung von 340 000 Soldaten." Statt dessen sollte ein Restposten an Militär- und Polizeiorganisationen unter UNO-Hoheit verbleiben, "der Konflikte in Form einer ultima ratio regelt". Gleichzeitig müsse die Staatengemeinschaft die zivile, nichtmilitärische Konfliktbearbeitung fördern. Die Warnung, daß der Wegfall einer ständigen Erneuerung der Bundeswehr durch die Wehrpflicht sie zu einem "Staat im Staate" mache, sei mit Blick auf die deutsche Geschichte sehr ernst zu nehmen. Allerdings seien schon jetzt 60 Prozent aller Bundeswehrangehörigen Zeit- und Berufssoldaten, nur 40 Prozent Wehrpflichtige. "Von diesen jungen Männern, die zehn Monate Dienst, meist in unteren Rängen, leisten, die demokratische Kontrolle der Bundeswehr zu verlangen, halte ich für eine absolute Überforderung." Der Gefahr der Verselbständigung der Bundeswehr müsse vielmehr durch die Stärkung der demokratischen Kontrollinstanzen wie die Wehrbeauftragten des Bundestages oder die Erleichterung des Zugangs für die Presse begegnet werden

Daß bei Abschaffung der Wehrpflicht der gleichzeitige Wegfall des Zivildienstes zu einem Notstand im Pflegesystem führen könnte, befürchtet Schnettler nicht. Nur rund 50 000 der 130 000 Zivildienstleistenden jährlich seien im direkten Dienst am Menschen tätig. Daß Zivildienstleistende hier zu vollwertigen Arbeitskräften werden, entspreche nicht der ursprünglichen Forderung einer arbeitsmarktneutralen Tätigkeit. "Es ist eine Frage in unserer Gesellschaft, was wir uns den Dienst am Nächsten kosten lassen. Ob wir das mit billigen, zwangsrekrutierten, unausgebildeten jungen Menschen machen wollen oder ob wir nicht dafür professionelles Personal benötigen." Dies sei durchaus finanzierbar. "Der Dienst für das Allgemeinwohl kann immer nur freiwillig geleistet werden", so Schnettler. Dafür müsse der Staat die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen

Tomas Gärtner

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 9 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 07.03.1999

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