Offene Kinder- und Jugendarbeit mit christlichem Profil
Rudolstadt-Schwarza
Rudolstadt-Schwarza (leo) - Dicht gedrängt sitzen die rund 20 Jungen und Mädchen in einer kalten Felsenhöhle. Es ist stockdunkel, und sicher ist manchem etwas mulmig zumute. Mit ruhigen Worten beginnt Jugendreferent Markus Könen in die Stille hinein von der Gefangenschaft des Petrus zu erzählen. Gespannt lauschen die Kinderohren. Zum Schluß werden auch sie - wie einst Petrus - aus ihrem dunklen "Verließ" befreit und einzeln durch das Dunkel hindurch zum Licht geführt
Draußen im Pfarrgarten geht es dann lebhafter zu: Die Kinder sollen sich verstecken, doch beim "komischen Versteckspiel" sucht sie niemand. Als sie leicht verunsichert zum Treffpunkt zurückkehren, wird ihnen erläutert, daß auch Petrus nicht genau wußte, was Gott mit ihm vorhat, und sich oft verunsichert und "veräppelt" fühlte
Dieser Nachmittag ist nur eine von fünf Veranstaltungen, die im Rahmen der Kinderbibelwoche (KiBiWo '99), veranstaltet vom "CentrO" in Rudolstadt-Schwarza, Kindern und Jugendlichen das Thema Petrus nahebringen sollen. Dabei setzt Markus Könen vor allem auf spielerische Elemente, die es den Kindern ermöglichen, einzelne Stationen im Lebensweg des Petrus nachzuempfinden. Hautnahes Erleben und plastische Erfahrung sollen es den Kindern leichter machen, die Bibelstellen nachzuvollziehen. So sollten Vertrauensspiele den Gang über das Wasser veranschaulichen oder ein vom Pfarrer unterbrochener Aufenthalt auf dem Spielplatz die Erfahrung vermitteln, daß Gottes Weg nicht immer so läuft, wie man es selbst am liebsten möchte
Doch auch außerhalb der KiBiWo ist selten Ruhe im "CentrO" und im Garten der Gemeinde "St. Josef der Arbeiter" in Rudolstadt-Schwarza. Als Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe engagiert sich das "CentrO" in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Unter dem Motto "Wer mitmacht, erlebt Kirche" ist hier jeder willkommen, unabhängig von Glaube und Bekenntnis. Jeden Nachmittag von Dienstag bis Freitag gibt es einen offenen Spiel- und Freizeittreff, Freitagabend einen Jugendtreff. Dank zweier ehrenamtlicher Gruppenleiter kann auch wöchentlich eine Kindergruppe in Rudolstadt angeboten werden. Wichtig ist Markus Könen dabei der Kontakt zu anderen Einrichtungen der Jugendarbeit
So steht das "CentrO" in Verbindung mit Schulen, dem Jugendamt und anderen "Häusern der offenen Tür". Dabei wird er von seiten anderer Institutionen oft um Tips und organisatorische Hilfe gebeten. "Man rollt uns den roten Teppich aus", schildert Markus Könen, wenn es um Rat und Hilfe von kirchlicher Seite geht. "Es gibt kaum Berührungsängste mit uns als kirchlichen Vertretern. Die kirchliche Jugendarbeit ist intergriert in die Arbeit der Stadt und des Landkreises." Und doch hat das "CentrO" auch Probleme: Es fehle an Räumen und Personal. Vor allem die Beschäftigung eines Zivildienstleistenden scheitere an der Finanzierung
Der "Knackpunkt" für viele Jugendliche sei eine Fahrt nach Irland im vergangenen Jahr gewesen. Dort hätten sie gemerkt: "Die Katholiken sind nicht anders als alle anderen." In diesem Jahr geht es mit einer Gruppe von Firmlingen in den Osterferien nach Kroatien, wo sich die Jugendlichen mit dem Thema Glaubensauseinandersetzungen beschäftigen. Und in den Sommerferien findet ein großes Sommerlager mit 66 Teilnehmern in Österreich statt
Doch bei aller Offenheit in der Jugendarbeit ist Könen ein christliches Profil seiner Arbeit wichtig. "Eine kirchliche Jugendarbeit muß vom Geist Jesu geprägt sein", betont Könen. So findet in der Advents- und Fastenzeit mittwochs morgens eine Frühschicht statt. An den thematischen Jugendabenden jeden Montag kommen auch Themen wie "Warum sonntags in die Kirche gehen?" zur Sprache. Die KiBiWo zu Beginn der Fastenzeit soll Tradition werden
Könen liegt viel an der seelsorgerischen Begleitung der jungen Menschen, die den Weg ins "CentrO" finden. "Ausruhen", "Zur-Ruhe-kommen" und "Gottes- und Selbsterfahrung" sind wichtige Stichworte bei seiner Arbeit. Ziel sei die Reifung im Persönlichen und Religiösen, eine Eingliederung in die Kirche ist für ihn nicht zwingend notwendig. Daß viele Jugendliche in der Diaspora mit der "Kirchenfrömmigkeit der christlichen Kirchen" nicht viel anfangen können, versteht er gut
Viel Wert wird auf Eigeninitiative der Jugendlichen gelegt. Interessierte Jugendliche können sich zum Jugendgruppenleiter ausbilden lassen. Ein fünfköpfiger Jugendvorstand steht dem Jugendreferenten zur Seite und entscheidet eigenverantwortlich mit. Während der "Teamtage" im Herbst planen die Jugendlichen künftige Projekte. Markus Könen gibt dabei Ideen und Impulse, doch grundsätzlich steht für ihn alles zur Diskussion. "Ziel ist, daß es auch ohne mich laufen könne", so Könen
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.03.1999