Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Magdeburg

Richtfest und Bischof Nowaks Geburtstag zusammen gefeiert

Kloster Helfta

Eisleben (dw) - Künstler und Herz-Jesu-Verehrer, Denkmalpfleger und Philosophen, evangelische Christen und katholische Ordensleute, Ost- und Westdeutsche, Bayern und Küstenbewohner: Die Menschen, die den Wiederaufbau des Klosters Helfta unterstützen, könnten kaum bunter zusammengewürfelt sein

Beim Richtfest der Klosterkirche am 21. März erinnerte sich mancher von ihnen daran, mit der Idee eines Wiederaufbaus noch vor ein paar Jahren als verrückter Spinner belächelt worden zu sein: Eine Klosterneugründung in einem Land, in dem die wenigen Christen, die es gibt, kaum Geld haben? Eine Tradition wieder aufgreifen, die seit beinahe 500 Jahren unterbrochen war und von der nur noch Ruinen zeugten, die sich in erbarmungswürdigem Zustand befanden?

Im September vergangenen Jahres haben die Bauarbeiten begonnen. Das Bistum Magdeburg hat die Bauherrenschaft übernommen. Zu denen, die den Gedanken des Wiederaufbaus aufgriffen und förderten, gehört nicht zuletzt der Magdeburger Bischof Leo Nowak. Zu seinem 70. Geburtstag am 17. März wünschte er sich anstatt von Geschenken Spenden für Helfta. Bis zum Redaktionsschluß gingen 197 069,27 Mark ein

Insbesondere setzte er sich in den vergangenen Jahren dafür ein, die Vertreter der unterschiedlichsten Interessen, die mit dem Neuerstehen Helftas verknüpft sind, an einen Tisch zu bringen. Seinem Bischofsmotto "Alles in Christus vereinen" entsprechend bestand er 1992 darauf, daß sich die vier Fördervereine Helftas zu einem Verband zusammenschließen.

"Das neue Kloster Helfta hat einen festen Platz in Leo Nowaks Sicht des künftigen Lebens und Weges der Kirche", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, während eines Vespergottesdienstes in Helfta. Er erinnerte an Bischof Nowaks Worte zum Wiederaufbau des Klosters: "Die Kirche hierzulande kann ihren Auftrag zur Evangelisierung nur erfüllen, wenn es Stätten des Gebets und des christlichen Lebens gibt, die für suchende Menschen offen sind." Bischof Lehmann brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, daß Helfta ein "Leuchtzeichen beim Wiedererstehen des christlichen Glaubens für viele Menschen" werden möge. Leo Nowak habe durch zwei Diktaturen hindurch den Glauben bewahrt, nicht nur für sich selbst, sondern für viele andere Christen auch. Dafür und für seinen Mut zum Neuanfang sei Helfta ein Zeichen

Die Seligenthaler Äbtissin Assumpta Schenkl siedelt mit acht Mitschwestern im Alter zwischen 29 und 75 Jahren zum Jahresende nach Helfta über. Eine Vorhut soll bereits im August kommen

Die Äbtissin hat sich ihr Leben lang eingehend mit der heiligen Mechthild von Helfta beschäftigt, die ihre Taufpatronin ist. Erst 1994 hat sie erfahren, wo Helfta überhaupt liegt. "Wenn niemand etwas wagt für das Reich Gottes, geschieht nie etwas." - Mit diesem Gedanken hat sie sich selbst Mut gemacht. Daß die Schwestern mit der Neugründung ein Wagnis eingehen, ist der Äbtissin sehr bewußt.

"Seit ich ja gesagt habe zu diesem Vorhaben, habe ich die Hilfe Gottes immer wieder so deutlich gespürt, daß ich überzeugt bin, hier ist Gott am Werk", sagte sie bei einem Podiumsgespräch während der Feier, mit der auch das Jubiläumsjahr zum 900jährigen Bestehen der Zisterzienser zu Ende ging

In ihrer Ansprache zog sie Parallelen zwischen der Helfta-Neugründung und dem Beginn der zisterziensischen Ordensreform mit der Klostergründung im 11. Jahrhundert, dem novum monasterium (neues Kloster) in Citeaux. Die Mönche damals hätten im Sinne des heiligen Paulus als neue Menschen ein neues Leben beginnen wollen und sich von den "Fesseln des Ich" befreien wollen. In einem Bericht über Helfta an den Generalabt, wie im Orden üblich auf Latein abgefaßt, habe sie unwillkürlich mehrmals den Begriff "novum monasterium" benutzt, erzählte Assumpta Schenkl. Das Kloster entstehe auf alten Ruinen und auf den alten Grundsätzen der Ordensväter. In einer Hinsicht allerdings gingen die Zisterzienserinnen in Helfta andere Wege als die Ordensväter, die damals die Einsamkeit und äußere Abgeschiedenheit gesucht hätten. Schweigen, Stille und ein Klausurbereich werde zwar auch in Helfta wesentlich zum Leben der Zisterzienserinnen gehören. Den Schwestern ist die Offenheit für die Menschen um sie herum jedoch äußerst wichtig.

"Die innere Gewißheit, hier gebraucht zu werden", bezeichnete eine der jüngeren Schwestern als wesentlichen Beweggrund, Seligenthal zu verlassen und nach Helfta zu ziehen. Eine weitere Motivation liegt für die junge Rumänin darin, daß sie selbst in einer kommunistischen Gesellschaft großgeworden ist und sich dadurch den Menschen in Ostdeutschland in besonderer Weise verbunden fühlt

"Als Westdeutsche dürfen wir den Menschen hier nichts aufdrücken. Sie müssen selber einen eigenen Weg finden", sagt die Münchner Philosophin Elisabeth Fischer-Feckl, die den Aufbau Helftas von ihrer Heimat aus bereits seit einigen Jahren unterstützt. In Universitätsseminaren hatte sie sich mit den Mystikerinnen von Helfta auseinandergesetzt. Nach der Wende kam sie nach Eisleben, um sich hier Literatur über die heiligen Frauen von Helfta zu besorgen

Die bibliographische Suche blieb zwar erfolglos, dafür stieß sie auf Menschen, von denen sie den Eindruck hatte, daß der "Geist von Helfta" in ihnen noch lebendig ist.

Zu einigen hat sie nach wie vor Kontakt, darunter der ehemalige Lehrer Joachim Herrmann, den Bischof Leo Nowak während des Richtfestes mit der Verdienstmedaille des Bistums Magdeburg auszeichnete. Ihm ist es zu verdanken, daß die Klosterruine 1988 nicht gesprengt wurde. Nicht aus christlicher Motivation, sondern aus Respekt vor einem wertvollen Kulturerbe hatte er sich damals beim Rat des Kreises Eisleben für den Erhalt der Überreste eingesetzt

Heute widmet sich Herrmann in Helfta archäologischen Ausgrabungen. Er fördert künstlerische Ausstellungen und führt Besuchergruppen durch das Gelände

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.03.1999

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps