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Bistum Magdeburg

Andrea Schieren will katholisch werden

Erwachsenentaufe

"Der Kirche laufen die Menschen davon", heißt es heutzutage oft, wenn (mit kritischer Häme oder mit wacher Sorge) von kirchlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen die Rede ist. Auch dann, wenn man vorsichtiger über solche Prozesse urteilt, wird man in unseren Breiten entsprechende Tendenzen schwer übersehen oder leugnen können

Um so aufmerksamer wird man, wenn man auf diesem Hintergrund auf Menschen trifft, die den christlichen Glauben als etwas Neues entdecken und die bewußt in die Kirche aufgenommen werden möchten. Und besonders eindrucksvoll wird es, wenn einem solche Suche und Entscheidung nicht nur in einem einzelnen Leben, sondern im Zusammentreffen mehrerer Lebenswege begegnet.

Der Magdeburger Bischof Leo Nowak hatte die erwachsenen Taufbewerber dieses Jahres für den 13. März zu einer "Feier der Zulassung zu Taufe, Firmung und Eucharistie" eingeladen. Relativ kurzfristig dazu angeregt durch den mitbetroffenen Pfarrer Dr. Gerhard Nachtwei, war es zunächst ungewiß, ob eine nennenswerte Zahl zusammenkäme. In kurzer Zeit gingen dann 17 Anmeldungen aus 14 Gemeinden ein. Da mit den Taufbewerbern auch die Paten und die zuständigen Seelsorger eingeladen waren, füllte diese Gemeinde das Rund der Kapelle des Magdeburger Roncalli-Hauses

Der theologische Sinn einer solchen Feier mit dem Bischof liegt darin begründet, daß er der Erstverantwortliche für diesen Weg des Christwerdens und die Eingliederung in die Kirche ist und daß er die Ortspfarrer beauftragt, die österlichen Sakramente zu spenden

Das Leitwort der Feier "Ich habe dich bei deinem Namen gerufen" entfaltete sich anschaulich, als die einzelnen Kandidaten nach einer Vorstellung durch die Heimatpfarrer in kurzen Worten von ihrem je persönlichen Weg sprachen

Die Männer und Frauen waren alle noch jung, überwiegend in den 20er Jahren. Die meisten kamen aus nichtreligiösen Familien, manche aus betont atheistischer Umgebung

Das Motiv und der erste Impuls lag bei vielen in der irgendwo und immer wieder auftauchenden Suche nach dem "Mehr", nach einem tieferen Sinn der Dinge und des Lebens. "Schon als 14-/15jährige habe ich mich mit meinen Freundinnen darüber gestritten", erzählte eine junge Frau. Auch die Frage nach dem rechten und gelingenden Leben, die Suche nach Gemeinschaft und Familie spielte als Beweggrund eine Rolle.

Als "Brücke zum Glauben" fungierten Menschen, bei denen der Glaube zu finden war und mit denen man darüber sprechen, auch streiten konnte. Oft waren es der Freund, die Freundin, der Lebenspartner oder auch die jetzigen Paten, aber in einem Falle zunächst die Bibel, "gelesen und befragt in einer Zeit, als sie ideologisch verpönt war"

In der Lebensgeschichte gab es bei manchem Taufbewerber einen "Knackpunkt, an dem es ,klick' machte": Eine junge Mutter fragte sich nach der Geburt ihres Kindes: "Wem verdanke ich mein Kind? Wem danke ich dafür?" Öfter als zu erwarten gewesen wäre, war dieser Knackpunkt ein Gottesdienstbesuch, "bei dem ich zunächst viele Einzelheiten nicht verstand", oder "bei dem ich mich am liebsten versteckt hätte"; dazu die Kultur der Feste und Familienfeiern in einer christlichen Familie

Ihren Glaubensweg gingen die jungen Männer und Frauen immer gemeinsam mit anderen, natürlich auch mit Glaubensunterweisung durch Pfarrer oder Vikar. Das Glaubensgespräch im kleinen Kreis half ihnen, Klärung zu finden, eine Entscheidung zu treffen und sich näher auf Taufe und Christenleben vorzubereiten. Einen besonderen Akzent brachte ein Taufbewerber aus Afrika ein, der in seinem Heimatland Elfenbeinküste zum christlichen Glauben gefunden und dort ein dreijähriges Katechumenat in einer Gruppe durchlaufen hat. Wie in seiner Heimat üblich, hatte ein Laien-Katechet den Kurs geleitet

Der zwischen den kurzen Berichten immer einmal wiederholte Liedruf "Dem Herrn will ich singen, machtvoll hat er sich kundgetan" hatte ausgesprochene "Bodenhaftung". Ebenso das Wort des Evangeliums: "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt". Bischof Nowak legte es in einer Ansprache aus, in der er besonders die persönliche lebendige Beziehung zwischen dem Berufenden und dem "beim Namen Gerufenen" hervorhob

Die Zulassung zu den Sakramenten des Christwerdens erteilte der Bischof jedem einzelnen Bewerber mit Handauflegung und Segensbitte. Dazu erhielten die "Erwählten" - so nennt sie die Kirche in ihrer Tradition von da an - eine Bibel, verbunden mit dem Wunsch: "Mögen die in ihr niedergeschriebenen Erfahrungen des Volkes Gottes auch Ihnen Kraft, Ermutigung und Orientierung geben." Den Paten dankte der Bischof für ihren wichtigen Dienst beim Einleben in den Glauben und in die Gemeinschaft der Kirche und übergab ihnen für ihre "Patenkinder" die Taufkerze, die diesen in der Osternacht überreicht wird

Daran schloß sich die Beauftragung der Priester zur Spendung der Taufe und Firmung. Die Übergabe des entsprechenden Schreibens in einem solchen Rahmen läßt deutlich werden, daß es dabei nicht nur um einen rechtlichen und "postalischen" Vorgang geht, sondern um ein lebendiges Geschehen mit Bedeutung für das ganze Bistum

Zwei kleine Elemente aus der Ansprache des Bischofs sollen diesen Bericht beschließen: sein herzlicher Dank an die Erwählten für das kostbare Geschenk, das sie für uns - den Bischof, die Christen und Gemeinden - darstellen, und sein Wunsch, daß gerade sie mit ihren Erfahrungen anderen Menschen eine Hilfe zum "Weg des Lebens" werden

Franz Schneider

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 13 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.04.1999

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