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Bistum Erfurt

Ehe und Familie nicht antasten

Jahrespresseempfang

Erfurt (tdh) - Bischof Joachim Wanke hat dazu aufgerufen, sich vor den anstehenden Europa- und Kommunalwahlen am 13. Juni und den Landtagswahlen im September "ein klares Bild von den Parteien und ihren Kandidaten zu machen". Für die Zukunft komme es in Deutschland und Europa vor allem darauf an, "daß die Spannung zwischen Eigenverantwortung und Gemeinschaftsverpflichtung nicht einseitig aufgelöst wird", sagte Wanke beim Jahrespresseempfang des Bistums kürzlich in Erfurt

Sowohl in Deutschland als auch in Europa bleibe der wirtschaftlich-soziale und kulturelle Einigungsprozeß "eine vordringliche Aufgabe". Jeder sollte sich vor den Wahlen fragen: "Was ist in der letzten Legislaturperiode erreicht worden? Welches Menschenbild und welches Verständnis von der Gesellschaft stehen hinter politischen Entscheidungen? Welche Lösungen schlagen die Parteien für die schwierigen Fragen unserer Zeit vor?" Der Bischof kündigte an, das Katholische Büro werde im Vorfeld der Landtagswahlen zusammen mit verschiedenen kirchlichen Einrichtungen und Verbänden Gespräche mit den in Thüringen vertretenen Parteien führen

Bezugnehmend auf das Hirtenwort der deutschen Bischöfe zu Ehe und Familie, das im Januar verlesen worden war, warnte Joachim Wanke vor Bestrebungen in der Gesellschaft, "die die besondere Stellung von Ehe und Familie einebnen" wollen. Der von der Verfassung garantierte Schutz von Ehe und Familie sei "sowohl für das Leben der Menschen als auch für das Wohl und die Zukunft der gesamten Gesellschaft" von besonderer Bedeutung

Besorgt zeigte sich Wanke auch über Tendenzen, den Schutz des Sonntags immer mehr auszuhöhlen. "Wenn Ausnahmeregelungen getroffen werden, dürfen wirtschaftliche Interessen allein nicht ausschlaggebend sein", so der Bischof. "Der freie Sonntag gehört zu unserer Sozialkultur, und der Wechsel von Arbeit und Ruhezeit bestimmen die menschliche Existenz"

Zur Zukunft des Philosophisch-Theologischen Studiums sagte Wanke, die Trägerbischöfe seien vom Vatikan zu "Vorsondierungen" hinsichtlich der Integration der katholischen Hochschule in die Erfurter Universität autorisiert worden (Dazu Bericht auf Seite 4)

Der Bischof nahm auch Stellung zum Ringen der katholischen Kirche um die Art und Weise des Verbleibs in der Schwangerschaftskonfliktberatung. "Ich spüre, daß das Ringen der deutschen Bischöfe um den richtigen Weg in den Fragen des Lebensschutzes für die Ungeborenen zunehmend auch die Öffentlichkeit für die Tiefendimension dieser Frage sensibilisiert. ... Meine Hoffnung geht dahin, daß bald eine mehrheitlich in und außerhalb unserer Kirche akzeptierte Lösung in dieser schwierigen Frage gefunden wird."

Ausführlich ging Joachim Wanke auf das Verhältnis zwischen Kirche und Medien ein und beklagte "Defizite in der Kommunikation" zwischen beiden. Die Medien berichteten sehr genau über Diskussionen über den Verbleib der Kirche in der Schwangerschaftskonfliktberatung oder über die kirchliche Bautätigkeit. Es werde jedoch kaum etwas in den säkularen Medien, "zunehmend aber auch in der Kirchenpresse", über die "spirituell-transzendente Dimension" berichtet. Zugleich erklärte der Bischof, im Bistum Erfurt sei "die Kirchenberichterstattung fair und gerecht"

Wanke sagte, zu den Defiziten trügen auch die Amtsträger bei. Solange sie "durch mangelndes christliches Profil, durch Scheu vor einem klaren Bekenntnis zu ihrem Glauben einem Zerrbild von Kirche Vorschub leisten, bleibt selbst eine perfekte kirchenamtliche Kommunikation erfolglos", betonte der Bischof

Er rief die Christen auf, "den Rahmen der Medien als Raum des öffentlichen Gesprächs auch über religiöse Themen zu nutzen". Dabei stelle sich jedoch die Frage, welche "Aktionen und Aktivitäten dem Auftrag als Kirche noch angemessen" seien. Der Bischof wörtlich: "Ist die öffentliche Segnung bei einem Tunnelanstich im Thüringer Wald als kirchliche Tätigkeit sinnvoll? Sind ,Abendgedanken´ im MDR-Hörfunk etwas Kirchliches oder nur etwas Kulturelles, etwas Humanes?" Maßstab einer Aktivität der Kirche müsse sein, inwieweit ihre spirituell-transzendente Dimension dabei zum Vorschein komme

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.04.1999

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