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... am 28. März 1953

Damals

Der Schriftsteller Peter Dörfler schrieb, wie er in seiner Kindheit Ostern erlebte. Auszüge aus seinen Erinnerungen: Ich war mit Vater und Mutter am Gründonnerstag zur Wintersaat hinausgegangen. Wir stolperten über die schwarzbraunen Schollen, und soweit wir auch umherwanderten, überall fanden wir zwischen räudigen Stellen das spärliche Gün. Man mußte die Saat förmlich suchen. Ich zeigte mit flinken Fingern auf erspähte Pflänzchen und die Mutter in ihrer unverwüstlichen Gläubigkeit tröstete: "Es kommt schon noch, es wird sich stocken und zusammenwachsen." Aber der Vater schüttelte stumm den Kopf. Im vergangenen Jahre hatte der Hagel die Ernte des ganzen Tales gedroschen. So war das Saatgut schlecht gereift und gekornt gewesen. Es hatten die Mittel gefehlt, fremdes zu kaufen. Dann waren im Herst noch die Mäuse eingefallen und die Felder bis tief in den Januar hinein ohne Schneedecke dem grimmigen Frost ausgesetzt geblieben. So war die geringe und schwache Saat verkommen. Aber die Osterpredigt dieses Jahres war die erste, die ich mit wacher Seele und als eine Frohbotschaft, die Wirrsale löst und Lebenskraft gibt, verstand. Der Priester wußte wohl, daß heuer der Bauer das jubelnde Alleluja und den liturgischen Aufruf zur Freude wie einen Spott empfinden konnte. "Ihr werdet sagen, wie sollen wir Jubellieder singen, da wir aus einem Notjahr in ein Notjahr gehen, da die Fluren im vergangenen Jahre ein Feld nicht des Lebens, sondern der Gebeine gewesen sind und auch in diesem Jahre dem Friedhof mehr als der Wiege gleichen werden!" Und dann hub er gewaltig an, das Alleluja als das Lied des Lebens zu preisen, den Triumphgesang, der immer und unter allen Unständen sein Recht habe. "So wie die Lerche selbst über beschneite Fluren aufsteigt und ihr Lied ins Blaue schmettert, weil sie in der Ferne das Leben weiß und kommen sieht, so singen wir Alleluja über die Friedhöfe und sogar über die offenen Grüfte hin; denn wir glauben und sehen noch im Tode das Leben, glauben und wissen, daß das letzte Ende nicht der Tod, sondern das Leben ist. Und darauf zeigte er uns, daß das Alleluja nicht bis in unsere Tage gefunden habe, indem ein sattes und glückliches Geschlecht dem anderen zugerufen habe. "Es kam vielmehr zu uns aus den Grüften der Katakomben. Die ersten Christen bestatteten ihre Märtyrer und betteten die gefolterten und von wilden Tieren zerrissenen Glieder ihrer Vorstreiter in die Erde, dann gingen sie hin und sangen Alleluja und dankten Gott für die Botschaft des Lebens, für die Freude der großen Hoffnung." Nach dieser Predigt sah man Augen, die in neuem Glanze leuchteten. Und beim Osterspaziergang sah auch der Vater nicht alle räudigen Stellen auf seinen Äckern, er sah wider alle Erwartung viel Grünes sprossen und atmete auf und verkündete "Ja, Mutter, es wird sich doch zusammenwachsen!"

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.04.1999

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