Interview über die Hilfen der Caritas
Kosovo-Flüchtlinge
10 000 Flüchtlinge aus dem Kosovo haben in Deutschland Zuflucht gefunden, 662 davon in Sachsen. Der Tag des Herrn sprach mit Caritasdirektor Horst Kutschke (Dresden) über die Hilfen der Caritas für die Flüchtlinge:
Frage: Was macht die Caritas mit den Spenden für die Kosovo-Flüchtlinge?
Kutschke: Wir schicken die von uns gesammelten Spenden weiter an Caritas International. Dort bestehen die Voraussetzungen, um das Geld vor Ort sinnvoll zu verwenden. Geholfen wird vor allem in Mazedonien, Albanien und Montenegro. Anfänglich ging es um die Erstversorgung der Flüchtlinge. Jetzt wird versucht - soweit möglich -, das tägliche Leben im Lager zu organisieren: Die Menschen müssen beschäftigt werden, Kindergärten und Schulen werden gebraucht, und für Alte und Kranke muß etwas getan werden. Ganz wichtig ist die Unterstützung für die sowieso schon sehr armen Familien in diesen Ländern, die jetzt Flüchtlinge aufgenommen haben. Ihnen darf es dadurch nicht noch viel schlechter gehen
Frage: Sind Sie mit der finanziellen Hilfsbereitschaft zufrieden?
Kutschke: Die Resonanz auf unsere Spendenaufrufe ist gut. Konkrete Zahlen sind allerdings schwierig, weil wir die Spendenkonten von Caritas International, vom Diakonischen Werk und von unserer Diözesancaritas veröffentlichen. Auf unserem Konto sind bisher über 43 000 Mark eingegangen
Frage: 662 Flüchtlinge sind in Sachsen. Wie hilft die Caritas in Ihrem Bistum?
Kutschke: Unsere Sozialarbeiter vor Ort stehen bereit, die Flüchtlingen zu beraten und ihnen wenn nötig zu helfen, zum Beispiel bei der Beantragung der Sozialhilfe, die ihnen zusteht. Außerdem werden unsere Mitarbeiter notwendige weitere Hilfen mobilisieren und das ehrenamtliche Engagement in den Gemeinden ankurbeln. Sorgen bereitet uns die Sprachbarriere, aber hier hat Caritas International Unterstützung zugesagt, so daß wir Dolmetscher einsetzen können. Auch dafür werden also die Spendengelder verwendet
Frage: Was können die Pfarrgemeinden vor Ort tun?
Kutschke: Wir sehen täglich in den Medien, was die Flüchtlinge erlebt haben. Das müssen sie erst einmal - soweit das überhaupt möglich ist - verarbeiten und zur Ruhe kommen. Dann aber ist es wichtig, Kontakt aufzunehmen und ihnen zu zeigen, daß sie willkommen sind. Jetzt geht wieder die Zeit der Gemeindefeste los. Warum nicht die Flüchtlinge einladen? Vielleicht ist es auch möglich, daß Pfarrgemeinden Flüchtlingskinder in ihre Kindertagesstätten aufnehmen. Gefragt ist Erfindungsreichtum
Frage: Was erwarten Sie von Politik und Kirche?
Kutschke: Die Kriegsflüchtlinge werden in Deutschland wie Asylbewerber behandelt. Das heißt, sie erhalten 80 Prozent der Sozialhilfe. Sozialhilfe ist aber das Minimum, was der Mensch braucht, um in Würde zu leben. Was sind dann 80 Prozent? Die Flüchtlinge werden sicher für längere Zeit hier bleiben, aber auf Dauer kann niemand von 80 Prozent Sozialhilfe leben. Mit Kirche verbinde ich Gebet. Wir haben vor zehn Jahren erlebt, was Gebet bewirken kann. Die Gemeinden sollten noch viel mehr zu Gebeten für den Frieden im Kosovo einladen. Wir hätten das schon lange vor Kriegsbeginn machen müssen. Die Politiker haben sich bemüht, aber es war ein Fehler, den Krieg zu beginnen, denn: Gewalt erzeugt nur wieder Gewalt und bringt keinen Frieden. Jetzt sind wir hilflos, und uns bleibt oft nur das Gebet
Interview: M. Holluba
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.05.1999