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Bistum Erfurt

Ingeborg Glöckner leitet Meininger Kirchenchor seit 20 Jahren

Vorgestellt

Wenn mittwochs abends ins Meininger Gemeindehaus Leben einkehrt, ist es wieder soweit: Die Sängerinnen und Sänger des Kirchenchores der St.-Marien-Gemeinde treffen sich zur Chorprobe. Sie machen Lockerungsübungen, trainieren die Stimme und beginnen schließlich mit den eigentlichen Proben für den nächsten Gottesdiensteinsatz. Fast auf den Tag genau seit 20 Jahren werden sie dabei von Ingeborg Glöckner unterstützt, die den Chor seit 1979 leitet - ein Datum, an das an diesem Sonntag in der Meininger Pfarrei erinnert werden soll

"Als ich den Chor übernahm", erzählt die studierte Kirchenmusikerin und evangelische Christin, "sollte dies ursprünglich nur für eine kurze Zeit sein. Doch aus dem Provisorium sind inzwischen zwei Jahrzehnte geworden." Daß den katholischen Kirchenchor ein evangelischer Kantor leitet, habe in Meiningen durchaus Tradition. Als ihr Mann 1966 die Stelle des A-Kantors in der evangelischen Superintendentur Meiningen antrat, übernahm er nebenher - ganz selbstverständlich - auch die Leitung des Kirchenchores der katholischen St.-Marien-Gemeinde. Ingeborg Glöckner hatte zunächst eine Stelle als B-Kantorin in Wasungen inne, war dann wegen ihrer Kinder zu Hause geblieben und 1979 froh, als sich die Möglichkeit auftat, in der katholischen Gemeinde wieder ein wenig ihrem Beruf nachgehen zu können. Erleichtert wurde dies nichtzuletzt durch ihre freundschaftlichen Kontakte zu Chormitgliedern. Denn bei verschiedenen Gelegenheiten hatte sie schon in dem Chor mitgesungen

"Heute gehören dem Chor 32 Frauen und Männer an, so daß wir vierstimmige Stücke singen können", erzählt Frau Glöckner. Dies sei schon ganz passabel, wenngleich es "noch ein paar Männerstimmen mehr sein könnten", wie sie hinzufügt. Gesungen wird vor allem bei festlichen Gottesdiensten der Pfarrgemeinde. Ein Höhepunkt ist das jährliche "Weihnachtliche Konzert zum Dreikönigsfest" in Verbindung mit Schrifttexten des Weihnachtsfestkreises: Abwechselnd mit vorgetragenen Abschnitten aus der Bibel geben dann Chor, Solisten und ein kleines Orchester Proben ihres Könnens - mit guter Resonanz auch von Zuhörern, die extra von außerhalb kommen, wie Frau Glöckner sagt

"Einen Kirchenchor zu leiten ist ein Stück Gemeindearbeit", weiß die Kirchenmusikerin. Ingeborg Glöckner fühlt sich wohl dabei. "Der Chor gehört fest zu meinem Leben", so die Mutter von drei Kindern im Alter von 24, 20 und zehn Jahren. Zu einigen der Chormitglieder habe sie auch sehr persönliche Kontakte, die sie "nicht mehr missen möchte". Daß sie gerade an den kirchlichen Festtagen immer in der katholischen Kirche Dienst tut, daran hat sie sich gewöhnt. Als ihre Kinder klein waren, sei dies schon eher mal ein Problem gewesen. "Unser Sohn fragte uns damals öfter mal: Gehe ich heute in Mamas oder in Papas Kirche?" Frau Glöckner gefällt die "Einheit von Wort und Sakrament" in der katholischen Messe. "Hingegen empfinde ich es als sehr großen Verlust, daß das Abendmahl in unseren Gottesdiensten oft fehlt und nur das Wort im Mittelpunkt steht." Während ihrer Ausbildung in Eisenach schrieb sie eine Arbeit über die Bedeutung der römischen Messe für das Abendland und beschäftigte sich intensiver mit dem katholischen Gottesdienst

Die Kirchenmusikerin ist für viele Möglichkeiten dankbar, die mit der Wende entstanden sind: "Heute haben wir Chormitglieder aus Berufen, aus denen zu DDR-Zeiten nie jemand in die Kirche gekommen wäre... Es gibt die Chance, musikalische Ereignisse über die Medien zu veröffentlichen." Hinzu kommt das breitgefächerte Angebot an Literatur (Noten), das heute zu beschaffen ist. "Ich versuche, immer mal Stücke in Richtung Gospel in das Repertoire aufzunehmen. Das beflügelt die Chorarbeit und bringt uns vielleicht noch mehr junge Sängerinnen und Sänger", sagt Frau Glöckner. Aber auch Stücke von Moritz Hauptmann, Michael Haydn oder Charles Gounod hat sie mit dem Chor bereits gesungen

Gute Voraussetzungen für ihre Arbeit findet Ingeborg Glöckner darüber hinaus durch die Zusammenarbeit mit ihrem Mann und mit Musikern des Meininger Theaters. Zu verschiedenen Gelegenheiten wie zum Beispiel den ökumenischen Andachten singen evangelischer und katholischer Chor auch gemeinsam. Zudem stellt die Kirchenmusikerin fest, daß ihre Sänger die Aufgaben rund um die Chorarbeit heute weithin selbst übernehmen. "Ich brauche mich fast nur noch um die rein musikalische Seite zu kümmern", so die 51jährige. Froh ist sie auch über die gewachsene Gemeinschaft unter den Sängerinnen und Sängern: "Dank des Telefons seit der Wende rufen wir einander zu den Geburtstagen an, singen bei wichtigen Familienfeiern der Chormitglieder, unternehmen gemeinsam Ausflüge."

Für ihre weitere Arbeit wünscht sich die langjährige Chorleiterin neben neuen Chormitgliedern einen ständigen Partnerchor, "mit dem auch etwas schwierigere Stücke wie leichte a-capella-Messen in Angriff genommen werden könnten"

Für den Festgottesdienst an diesem Sonntag hat sie mit dem Kirchenchor der St.-Marien-Gemeinde etwas Neues einstudiert: Diesmal soll musicalähnliche Musik von John Rutter zu Gehör kommen.

Evangelischer Pressedienst

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 17 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.05.1999

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