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Aus der Region

Auch Christen mitschuldig an Nazi-Verbrechen

Pfarrchronik

Katholische Christen leisteten während der Nazizeit nicht nur Widerstand. Viele wurden durch ihr Schweigen, manchmal sogar durch ihr Mitmachen mitschuldig an den Verbrechen des Hitler-Regimes. Darüber schreibt der Chronist der katholischen Pfarrgemeinde in Petershagen (Bistum Berlin):

Das Jahr des Endes des Zweiten Weltkrieges, der Befreiung unseres Volkes und der Welt vom Terror des Hitler-Regimes, aber auch das Jahr schwerster Prüfungen für unser Land, unser Volk und jeden einzelnen von uns. Der wahnwitzige Befehl der nationalsozialistischen Machthaber, jede Stadt, jedes Dorf, jedes Haus bis zum äußersten zu verteidigen unter rücksichtslosem Einsatz jeden Mannes, ob Greis oder Knabe, ja jeder Frau und jedes Mädchens und das, nachdem es bereits zu Beginn des Jahres jedem klar war, daß der Krieg für Deutschland hoffnungslos verloren sei, - dieser wahnwitzige Befehl hat unser Land in einen Trümmerhaufen verwandelt, hat unser Volk dezimiert und uns alle in ein unsagbares Elend gestürzt. Und das nur, um das verbrecherische Leben jener Führer unseres Volkes um einige Monate zu verlängern!

Aber so muß es kommen, wenn ein Volk geführt wird von Menschen, die nicht mehr an Gott gebunden sein wollen, denen vielmehr der eigene Vorteil oberstes Gesetz ist. So muß es kommen, wenn ein Volk nicht mehr genug Glauben und Charakter besitzt, um seinen Verführern rechtzeitg zu erklären: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!

Die überwiegende Mehrheit unseres Volkes hat zu den millionenfachen Verbrechen seiner Führer geschwiegen, viele haben dieselben sogar gutgeheißen, viele - leider auch unter den Katholiken - haben dieselben durch ihre Zugehörigkeit in der Partei jener Verbrecher noch unterstützt. Das ist die Schuld unseres Volkes, für die wir jetzt alle zu büßen, zu sühnen haben! Möchten wir diese Buße und Sühne wenigstens bereiten Herzens unter wirklicher Sinnesänderung und aufrichtiger Hinkehr zum Herrn, unserem Gott und seinen Gesetzen leisten!

Aber eben daran fehlt es gar sehr. Die meisten wollen ihre Schuld noch immer nicht anerkennen und darum auch die Sühne nicht auf sich nehmen. Selbst Mitglieder der Nazipartei bedauern heute ihre Mitgliedschaft nicht deswegen, weil sie sich durch dieselbe zu Mitschuldigen von Verbrechern gemacht, sondern nur, weil sie auf das falsche Pferd gesetzt haben. Es herrscht die krasse Selbstsucht; überall tritt sie in dieser Zeit der Not erschreckend zu Tage und leider auch unter den Katholiken. Es gibt kaum noch eine wahre Nächstenliebe und ebensowenig echte Hinkehr zum Reiche Gottes. Insofern muß man wohl für die Zukunft unseres Volkes ernsteste Befürchtungen hegen. Das Wort des Herrn erfüllt sich in unseren Tagen: "Weil die Gottlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten" (Mt 24,12)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.05.1999

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