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Bistum Dresden-Meißen

Für ein Jahr Bedürftigen in Ost- und Westeuropa helfen

Freiwilligendienst

Dresden (fun) - In Krakau helfen sie mit bei der Rehabilitation von ehemaligen KZ-Häftlingen. In Rußland kümmern sie sich um mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche: Die sogenannten Freiwilligen, die sich bereit erklären, für mindestens ein Jahr einen sozialen Dienst in einem der angebotenen 20 europäischen Nachbarländer zu leisten. Meistens haben sie gerade Abitur gemacht und beginnen anschließend entweder mit dem Zivildienst im Ausland oder dem "Freiwilligen Sozialen Jahr im Ausland". Organisiert wird das Projekt "Freiwillige Soziale Dienste Europa" (FSDE), das seit 1991 besteht, über den Verein "Initiative Christen für Europa" (ICE), der am 15. Mai zehnjähriges Jubiläum feiert

Ziel des Vereins - dessen Koordinationsstellen sich in Dresden für Osteuropa und in Aachen für Westeuropa befinden - ist es, Brücken zwischen Ost und West in Deutschland und Europa zu schlagen. Und das geschieht konkret durch die bisher 540 jungen Menschen zwischen 18 und 26 Jahren, die sich in Kinderheimen, Obdachlosenheimen und anderen sozialen Einrichtungen engagiert haben. Jährlich sind es knapp 100 Freiwillige, die von Deutschland ins Ausland gehen und von Ost- oder Westeuropa nach Deutschland kommen. Organisiert wird der Austausch über die regionalen Koordinationsstellen in Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Polen, Rußland und Ungarn. "Seit es das Projekt gibt, haben sich schon fast 12 000 Interessenten gemeldet. Wir können jedoch nicht jeden nehmen. Nach Gesprächen und Vorbereitungskursen entscheiden wir, aber auch die Interessierten, ob diese Arbeit für sie in Frage kommt", erklärt der Leiter des ICE, der Jesuit Pater Theobald Rieth. Außer Sprachkenntnissen, Zuverlässigkeit und anderen Kriterien wird von den Freiwilligen auch das Eintreten für Menschenrechte erwartet

Daß sich die Freiwilligen ihre Entscheidung reiflich überlegt haben, bevor sie nach Italien, Rußland oder Polen gehen, beweist die Anzahl der Abbrecher. Pater Rieth: "Vier Prozent schaffen es nicht und brechen ab. Das ist meiner Meinung nach sehr wenig." Gründe für das Abbrechen des sozialen Dienstes in Europa seien dienstliche Gründe, "äußere Gründe", wie beispielsweise ein Studienplatz, und vor allem Liebeskummer. Für diejenigen, die durchhalten, bringt diese Zeit im Ausland jedoch wertvolle Erfahrungen mit sich: Kennenlernen einer fremden Kultur, Aufbesserung der Sprachkenntnisse und größere Selbständigkeit sind die offensichtlichen Faktoren. In einer Untersuchung, die die Universität Bremen durchgeführt hat, heißt es dazu: "Die Freiwilligen beurteilen den Sozial- und Friedensdienst als sehr sinnvoll. Fast alle Freiwilligen würden sich noch einmal für den FSDE entscheiden."

Daß hinter diesem Einsatz und der Entscheidung eine Überzeugung stehen muß, verdeutlicht auch die finanzielle Lage der Freiwilligen. Die jungen Männer bekommen im Monat 170 Mark Taschengeld, die Mädchen ein wenig mehr. Da sich jedoch alle selbst versichern müssen, "reicht das Geld auf keinen Fall aus", bestätigt Pater Rieth. Um dennoch nicht weiterhin auf der Tasche der Eltern liegen zu müssen, werden die meisten Jugendlichen von der Gemeinde, einem Sportverein oder Schulen unterstützt. Und das funktioniere. Man müsse nur einmal Fotos von den behinderten Kindern in Rußland zeigen oder von den Verhältnissen der Kinderheime in Rumänien erzählen, dann unterstützen sie die Freiwilligen bei ihrer nicht einfachen Arbeit dort sehr gern. In Hinblick auf die EU hat Pater Rieth eine Befürchtung: "Die EU hat Geld. Das wird sich positiv auswirken für die Freiwilligen, die ihren Dienst in einem EU-Land leisten

Für diejenigen, die jedoch in einem Nicht-EU-Mitgliedsstaat arbeiten, werden die finanziellen Verhältnisse weiterhin so schlecht bleiben. Das schafft zwei Klassen von Freiwilligen." Schon jetzt bekommen die Freiwilligen, die in einem westeuropäischen Land arbeiten, 340 Mark mehr Taschengeld. Dennoch wächst die Zahl der Freiwilligen. Die Begründung läßt sich vielleicht in der Aussage eines Journalisten finden, der ein Heim für schwer und mehrfach behinderte Kinder in Pawlowsk nahe St. Petersburg besuchte. Er schreibt: "Die Arbeit in Pawlowsk ist beispielhaft dafür, wie wenige Menschen mit einem langen Atem Vertrauen gewinnen können, selbst staatliche Strukturen aufbrechen und in dieser Arbeit zu einer ungeahnten menschlichen Größe und praktizierten Nächstenliebe wachsen können."

Informationen gibt es hier: Initiative Christen für Europa e.V., Wachwitzer Höhenweg 10, 01474 Dresden, Tel. (0351) 2 15 00 20.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.05.1999

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