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Mit Verständnis und Kollegialität

Vorgestellt: Architekt Hubert Paul

Hubert Paul Flöha (jak) -Lautes und drängendes Durchsetzen eigener Ansichten ist seine Sache nicht. Hubert Paul, als Archiket bis 1998 im ofiziellen Dienst des Bistums Dresden-Meißen, geht andere Wege. Er möchte überzeugen, und geht es einmal nicht weiter, dann besitzt er die heute eher selten gewordene Fähigkeit zum Kompromiss. Insgesamt 120 Kirchen und Kapellen tragen seine Handschrift, sei es im Innen- wie im Außenbau. Jüngstes Projekt des Ruheständlers ist die Innenarchitektur der sanierten Kirche im ostthüringischen Ronneburg, die am 11. November geweiht wird. Den Auftrag dazu erhielt er von Pfarrer Klaus Schreiter, St. Elisabeth Gera. Mit ihm hatte er schon beim Bau von Kirche und Gemeindehaus in Lobenstein zusammengearbeitet.
"Zu Beginn eines Auftrags steht immer die Aufgabenstellung. Ich sage aber immer, Pfarrer und Gemeinde können haben was sie wollen, wenn sie wissen, was sie brauchen. Es geht nicht darum, das etwas hingestellt wird, sondern nach Zweck und Notwendigkeit, denn oft ist weniger mehr", betont Hubert Paul. Zu Zweck und Notwendigkeit kommt die Tradition einzelner Gemeinden. Entwürfe für eine Gemeinde im Erzgebirge musste Paul korrigieren, da er nicht wusste, dass es dort Tradition ist, zusammen mit den Kindern die Krippe in der Weihnachtszeit aufzubauen und gemeinsam davor zu beten und zu singen. Daher musste genügend Raum geschaffen werden, um diese Tradition weiter zu ermöglichen. Ein anders Beispiel sind die Votiv- und Patronatsbilder, die aus den alten Kapellen und Gottesdiensträumen mit in den Neubau genommen werden. So verehrte eine Gemeinde den heiligen Antonius insbesondere, und es verstand sich von selbst, dass dieser wieder einen zentralen Platz erhalten musste. Anliegen dieser Art kommen in den Gesprächen mit dem Pfarrer und den Pfarrgemeinderat zum Vorentwurf zur Sprache, erst danach geht es an die Konkretisierung. Allerdings muss dabei auch die Unterscheidung zwischen Gewohnheit und Tradition getroffen werden, nicht alles, was Gewohnheit ist, kann für einen neuen Kirchenraum brauchbar sein." Dann kommt es darauf an, gemeinsam mit Verständnis und Kollegialität ein neues Bild zu finden, betont Hubert Paul. Der Architekt verweist zudem auf die Notwendigkeit zu bedenken, in welcher Alterspyramide eine Gemeinde steht. Sind viele Kinder da, dann muss anders gebaut werden, als für eher ältere Menschen.
Es sind immer zwei Ebenen, die Hubert Paul bei seinen Arbeiten sieht. Zum einen die Aktionsebene, die sich dort befindet, wo die Eucharistie gefeiert und das Evangelium verkündet wird. Die zweite ist die Meditationsebene darüber, der Ort, wo in der Zeit der Sammlung die Blicke Ruhe finden können. Für Ronneburg bedeutet dies konkret, eine hinter dem Altar befindliche zweite schmale Mauer. An ihr können ein Kreuz und vielleicht ein Flügelaltar Platz finden. Diese Umsetzung ist allerdings ein Kompromiss, den Hubert Paul schweren Herzens eingegangen ist. Er selbst plädierte für eine Meditationsebene aus Steinen. Wichtig war ihm, dass die Blicke der Gottesdienstbesucher aus dem Raum heraus in die Höhe geleitet werden, dies ist mit der jetzt verwirklichten Lösung allerdings auch Wirklichkeit geworden.

Hubert Paul ist Absolvent der Fachhochschule für angewandte Kunst in Heiligendamm. Bereits im Studium entwarf er die Kapelle in Zschopau (inzwischen durch einen Neuabau ersetzt, den auch Hubert Paul verantwortet) und das St. Josefshaus in Niederwiesa. Dadurch wurde Ordinariatsrat und Domvikar Gerold Schneider, damals Baubeauftragter des Bistums Meißen, auf ihn aufmerksam und setzte sich für eine Einstellung Pauls als Architekt ein. Für ihn war es die Grundlage dafür, überhaupt das letzte Studienjahr beginnen zu dürfen. Nach Unruhen von Akademikern, die in den 60er Jahren keine Anstellung fanden, durfte nur noch der sein Studium abschließen, der eine spätere Anstellung nachweisen konnte. So kam es auch, dass Pfarrer Gerold Schneider an der mündlichen Verteidigung der Diplomarbeit teilnahm. Für die Prüfenden war dies zur damaligen Zeit etwas Besonderes, ging es doch erstmalig um den Entwurf einer Kirche. So merkten sie nicht, wie aus den geplanten 25 Minuten Prüfungszeit über 90 wurden. Draußen wartende Mitstudenten dachten schon, Hubert Paul werde die Prüfung nicht schaffen, es ging jedoch um das Interesse an der Sache.

Seinen Dienst im Bistum trat Hubert Paul 1964 an. Seit dieser Zeit kämpfte er oft mit der Bürokratie um Bilanzierungen. Hatte man diese erreicht, bedeutete es aber noch nicht, dass es mit dem Bau voran ging -mal gab es keine Steine, mal keinen Sand und mal keine Bauarbeiter ...Und beantragte Baugenehmigungen wurden sofort vom Kreisbauamt an die Abteilung des Inneren weitergeleitet ...Dazu kamen allerlei Merkwürdigkeiten, so gab es eine Verfügung von Margot Honecker, dass Kirchen nicht neben Schulen gebaut werden dürfen ...All dies war mit dem Jahr 1989 Vergangenheit und Hubert Paul bedauerte angesichts der neuen Möglichkeiten, dass er so früh geboren wurde. Dennoch möchte er mit den Entwürfen für Ronneburg sein aktives Architektenleben beenden und endlich in den Ruhestand gehen.

Zwar wird er dann weiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, um mit Rat und Tat zu helfen, doch ganze Entwürfe soll es nicht mehr geben. So ist die Einweihung der Ronneburger Kirche an diesem Sonntag für Hubert Paul ein besonderer Höhepunkt, markiert er doch einen würdigen Abschluss unter ein Lebenswerk im Dienst an der Kirche und den gläubigen Menschen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 08.11.2001

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