...am 25. April 1953
Damals
Im Jahr 1953 schrieb der aus Schlesien stammende Pfarrer Wilhelm Erben zum Thema Marienmonat: In diesen Tagen rüsten sich in jeder Sakristei fleißige Hände, um den Altar der Maienkönigin zu schmücken. Meine Gedanken gehen zurück in die Tage der Kindheit. Unser Küster daheim war nicht nur ein gütiger Alter, sondern auch ein kluger Erzieher. Wir waren viele Ministranten. Nicht jeder durfte ihm helfen. Den Maialtar schmücken galt als besondere Auszeichnung. Wie stolz war ich doch, ich durfte dabei sein! Aus der nahen Gärtnerei holten wir duftigen Flieder und Hortensien, schneeweiß und himmelblau. Ich hielt die Leiter, er stieg hinauf, um ganz oben die schönste zu Füßen der Marienfigur aufzustellen. Wie fein duftete das blendend weiße Linnen, das er aus dem Schubfach nahm. Er legte es auf meine ausgestreckten Arme. Gemeinsam deckten wir den Altar frisch ein. Aus der großen Kerzenkiste nahm er neue Kerzen, ganz rein und weiß, sie sollten am Altar der Reinsten sich verzehren. Ich weiß nicht, ob es überall so ist, bei uns war es so: Die erste Maiandacht war überfüllt, es kamen sogar Menschen, die nicht unseres Glaubens waren. Was war es, was sie anzog? Der geschmückte Altar? Die gemütvollen Lieder? Das Wort des Priesters? Der Drang zur Mutter steckt doch zutiefst in jedem Menschen.
Unser Pfarrer betete die Lauretanische Litanei stets auswendig. Das imponierte uns. "Mensch, alles aus'm Koppe, das könnte ich nicht!" So sagten wir Ministranten damals. Heute weiß ich: Wer die rechte Liebe zu Maria tief im Herzen trägt, der betet die Lauretanische Litanei so oft, daß er sie mit den Jahren auswendig kann. Aus der Predigt in einer Maiandacht habe ich es mir gemerkt: Ein Student hatte ein liederliches Leben geführt, nichts gearbeitet für sein Studium. Am Tage vor dem Examen eilte er zum Muttergottesaltar und flehte: "Nun zeige, daß du Mutter bist!" Da war es ihm, als ob Maria antwortete: "Zeige du zuerst, daß du mein Kind bist." Gilt das nicht auch uns? Genügt es, Blumen zum Maialtar zu bringen, wenn daheim Zank und Streit und Unfrieden herrschen? Genügt es, Marienlieder zu singen (wenn auch noch so schöne), wenn der Ton der Liebe in unserem Tagewerk nicht mitklingt? ... Wer kann am letzten Mai sagen: Ich habe mich gemüht, meiner himmlischen Mutter ähnlicher zu werden?
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.05.1999