Drei Neupriester wollen Gott den Menschen nahebringen
Vorgestellt
Der Primizsspruch von Ralph Kochinka - "Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht" - hat schon für manches Lächeln gesorgt, kann er doch leicht auf seine zukünftigen Aufgaben in der Seelsorge übertragen werden. "Doch nicht ich bin gemeint, sondern Christus." Ralph Ko-chinka, Markus Dieringer und Benno Schäffel empfangen am Samstag vor Pfingsten in der Dresdner Kathedrale das Sakrament der Priesterweihe. Dort werden sie auch erfahren, in welchen Gemeinden sie ihren Dienst beginnen
Wo werden die Neupriester ihre Akzente in der Seelsorge setzen? Die Antworten fallen gar nicht so verschieden aus. "Es ist mein Wunsch, viele kleine Zellen in der Gemeinde zu haben, wo Jesus in der Mitte erfahrbar ist", betont Benno Schäffel aus Radeberg. Weiter meint er: "Es ist nicht so wichtig, was wir sagen, sondern was die Menschen an unseren Beziehungen untereinander ablesen können." Dies gelte für kirchliche Mitarbeiter genauso wie für jeden anderen Christen. Und gerade mit Blick auf das Priestertum wünscht sich Benno Schäffel eine tiefe Gemeinsamkeit untereinander. "Das Wort Mitbruder soll nicht bloß ein frommer Titel sein." Für Benno Schäffel ist es zudem ganz wichtig, eine Leidenschaft für Menschen zu haben, die der Kirche fernstehen. "Wir müssen den Dialog zu den Menschen da draußen suchen. Die Gemeinden sind schnell in der Gefahr, die ganze gute Luft für sich selbst zu brauchen, da kann es ganz schön stickig werden."
Ähnliche Gedanken hat auch Markus Dieringer aus der St.-Elisabeth-Gemeinde Gera. "Ich denke, man ist als Priester schnell in der Gefahr, nur in der Gemeinde zu kreisen. Punktuell ist die Gemeinde wichtig, doch sollte die missionarische Kirche nicht aus dem Blick verloren werden", betont Markus Dieringer. Weiter fügt er hinzu: "Allerdings habe auch ich keine Patentlösungen, aber vielleicht kann man sich ja gemeinsam auf die Suche machen." Markus Dieringer stellt sich oft die Frage, ob es die Umwelt überhaupt merken würde, wenn eine katholische Kirche in einem Ort plötzlich geschlossen wäre. Helfen können da nur Gemeinden mit Ausstrahlung, Gemeinden, die für das Umfeld wichtig sind
Ralph Kochinka freut sich schon auf die Jugendarbeit, die "traditionelle" Arbeit eines Kaplans. "Ich möchte den Glauben für Jugendliche erfahrbar machen und nach Formen suchen, die diese ansprechen", erklärt der Neupriester, der aus Ronneburg im Dekanat Gera stammt. Übrigens hat er in seiner Heimatgemeinde und zuvor in Gera gute Erfahrungen mit der Ministranten- und Jugendarbeit gemacht. Es war notwendig, vieles selbst auf die Beine zu stellen und nicht einfach nur zu warten, ob etwas geschieht. Als Kaplan möchte er zudem "ein Stück weit mit den Eltern nach Wegen suchen, wie der Glaube an die Kinder weitergegeben werden kann." Darin sieht Ralph Kochinka eine zunehmende Schwierigkeit und Herausforderung
Seinen Weg zum Priestertum sieht Ralph Kochinka durch persönliche Erfahrungen von Gemeinde geprägt. Dazu kam der Wunsch, den Glauben mit anderen zu teilen und weiterzugeben. Die eigentliche Entscheidung fiel bei einem Wochenende im Winfriedhaus Schmiedeberg: Es war eine Entscheidung, sich auf den Weg zu machen, es zu versuchen. Zuvor hatte der am 18. Mai 1969 in Schmölln geborene Ralph Kochinka eine Lehre als Tischler absolviert, die Priesterausbildung selbst begann er 1989 im Norbertinum Magdeburg
Mit den Worten "kein gerader Weg" beschriebt Markus Dieringer - geboren am 18. Januar 1967 in Leipzig - seine Entscheidung, hatte er doch zuvor ein Medizinstudium in seiner Geburtsstadt begonnen. In der dortigen Katholischen Studentengemeinde machte er jedoch Erfahrungen, die ihn von der Sorge um das leibliche Wohl des Menschen zur Sorge um das seelische Wohl wechseln ließen. So begann er 1989 den Sprachenkurs in Schöneiche. Seine Motivation beschreibt Markus Dieringer so: "Ich hatte eigentlich kein klassisches Berufungserlebnis, es ist eher ein Bündel von Gründen. Der wichtigste, die eigene Erfahrung von Gemeinde und Priestern. So konnte ich mir schon vor vielen Jahren vorstellen, Priester zu werden."
Die längste Studienzeit der drei Neupriester für das Bistum Dresden-Meißen absolvierte Benno Schäffel. Was er jedoch nicht gern hört: "Nun bist Du endlich fertig". Keinen Moment und keine Erfahrung der zurückliegenden Jahre möchte der am 27. Januar 1967 in Radeberg geborene Benno Schäffel missen. "Es war ein Einlassen auf Gott" - und dieses Einlassen geht weiter. Nach einer Lehre zum Herrenmaßschneider im väterlichen Betrieb ging er 1985 ins Norbertinum Magdeburg. Im Anschluß folgen zwei Jahren Studium in Erfurt bis sich Benno Schäffel beurlauben ließ, um eine zeitlang im Fokolarezentrum Loppiano zu leben, dann in Rom, wo er schließlich sechs Jahre seine Studien fortsetzte, bis er 1997 zum Pastoralkurs nach Erfurt zurückkam. Besonders prägend waren seine Erfahrungen mit der Fokolar-Bewegung, "darin habe ich so etwas wie eine Seele gefunden. Irgendwie merkte ich, alles hat mit Gott zu tun, da wollte ich eine Antwort geben." So rechnete er irgendwann einmal durch, ob der Weg zum Priestertum für ihn möglich ist. "Und ich spürte, ja zu sagen", erinnert sich Schäffel
Während Benno Schäffel weiterhin in der Fokolar-Bewegung seine spirituelle Heimat sieht, wollen sich Markus Dieringer und Ralph Kochinka zum jetzigen Zeitpunkt an keine geistliche Gemeinschaft binden. Sie wollen Weltpriester sein, die nach vielen Seiten offen sind. Markus Dieringer betont die enge Verbindung von Welt und Gott, die heute nicht leicht erfahrbar sei. "Wir leben in einer Zeit, in der es unglaublich schwer ist, von Gott zu reden. Gott kommt oft nur noch am Sonntag vor. So wird es für uns Christen Aufgabe sein, den Spuren Gottes nachzugehen und sie zu entdecken." Dabei fasziniert ihn besonders die franziskanische Spiritualität und in diesem Zusammenhang seine Pfarrpatronin, die heilige Elisabeth. In der Reflexion seines Tuns und im Gespräch mit Gott sieht Ralph Kochinka seine spirituellen Impulse, gesprägt auch durch die tägliche Meditation der Heiligen Schrift
Allen drei Neupriestern des Bistums Dresden-Meißen wird in Zukunft die Gemeinschaft untereinander wichtig sein. Abschließend noch einmal Benno Schäffel: "Im Miteinander liegt für mich das stärkste Potential in der Seelsorge. Darüber sprechen können, welche Sehnsüchte man selbst hat, welche Wege man gegangen ist, aber auch darüber, wo es mal daneben ging ... Wir stehen an der Tür zu einer neuen Zeit, Rezepte findet da niemand mehr für sich allein."
Holger Jakobi
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.05.1999