Christen helfen in Bosnien
Katholische Akademie Dresden
Dresden - Im Schatten des Kosovo-Konfliktes liegt derzeit die Lage in Bosnien-Herzegowina. Offiziell wurde Frieden geschlossen, doch noch sind tausende Flüchtlinge in dem zerstörten Land unterwegs, die SFOR-Friedenstruppe muß die künstlich gezogenen Grenzen sichern. Um die schwierige Situation wieder ins Bewußtsein zu rufen, lud die Katholische Akademie Dresden ein zu einem Themenabend "Für ein Europa der Zukunft - Krisenherd Balkan". Der Heidelberger Pfarrer Herbert Froehlich, der in Bosnien für Pax Christi arbeitet, und Pfarrer Friedrich Winter aus Riesa berichteten über die Region und die Hilfe, die sie vor Ort leisten. Froehlich sprach über Hintergründe des Zerfalls Jugoslawiens. Es gehe nicht zuerst um Abstammung oder Religion, sondern um Macht und ökonomische wie politische Ungleichheit. Die Schuld an eigener Not wurde jeweils auf die Nachbarn projiziert. Auch die fehlende Aufarbeitung der Geschehnisse unter Tito nutzten die Machtcliquen heute, um andere Volksgruppen zu dämonisieren
Für Milosevic' Taten könne es keine Entschuldigung geben, dennoch sei Kritik an der Völkergemeinschaft angebracht: Man habe den Konflikt schon lange kommen sehen. Hätte die EU schon damals mit klarem Plan und wirtschaftlicher Hilfe reagiert, wäre nach Froehlichs Ansicht der Zerfall zu verhindern gewesen. Pax Christi begann 1995 mit der Begleitung von Flüchtlingen in Zenica. Heute betreut die Organisation mehrere Flüchtlingslager, eine Beratungsstelle für Rückkehrer und ein Wiederaufbauprojekt. Pfarrer Winter reist seit 1990 regelmäßig in die Region und organisiert in Riesa Hilfstransporte. Er half bosnischen Flüchtlingen, in Deutschland Unterkunft zu finden. Als größtes Problem sieht er die Rückführung der Flüchtlinge. Oft können sie nicht in ihre alte Heimat und sind in anderen Gebieten der Föderation wieder Fremde. Ihre Häuser seien oft unbewohnbar, eine Rückkehr als Minderheit gefährlich. Auch die Helfer stünden unter Spannung: Man wolle denen helfen, die man aus Deutschland kenne, aber es gehe ja allen schlecht. Die Riesaer Gemeinde versucht, unabhängig von Glaube und Nationalität möglichst vielen zu helfen. Daß das Zusammenleben früher funktioniert haben muß, zeigt Pfarrer Winter auf Dias: Katholische und orthodoxe Kirche sowie eine Moschee stehen in nächster Nähe beisammen
Christian Saadhoff
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.06.1999