Alte Traditionen neu belebt
Hülfensbergwallfahrt
Hülfensberg (gh/tdh) - "Danket dem Vater mit Freude" war der Grundgedanke, den der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, den Wallfahrern nahebrachte. Rund 10 000 Frauen, Männer und Kinder waren am Dreifaltigkeitssonntag zur traditionellen Haupt-Wallfahrt auf den Hülfensberg gekommen. "Wir haben allen Grund, dem Vater zu danken", sagte der Berliner Erzbischof. Er fragte aber auch, warum es Gott immer wieder zulasse, daß Menschen Unrecht ertragen müssen. Doch bei allem dürften Schmerz und Leid nicht schwerer wiegen als die Freude. Und die Wallfahrer bat Sterzinsky, das Leben nicht zu einer Rebellion gegen den Schöpfer werden zu lassen. "Wir sind als Christen berufen, Dank zu sagen", forderte der Kardinal. "Ein offenes und zufriedenes Herz ist eine Danksagung an Gott." Der Kardinal war zuvor von Pater Eusebius Thüme als einer begrüßt worden, der "im Eichsfeld das pastorale Gehen gelernt hat"
Nach dem Gottesdienst zogen die Wallfahrer in Sakramentsprozession über den Berg zum Konrad-Martin-Kreuz. Hier beteten sie um die Seligsprechung des in Geismar geborenen Bekennerbischofs, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 120. Mal jährt
Um miteinander Weggemeinschaft zu erfahren auf dem Weg zur Einheit, waren am Vorabend der Wallfahrt evangelische und katholische Christen der Einladung zu einem ökumenischen Pilgertag auf den Hülfensberg gefolgt. Pater Eusebius hob in seiner Begrüßung hervor, daß es wichtig sei zu spüren, daß der Hülfensberg ein "ökumenischer Berg" sei. Wer hierher komme, könne die Erfahrung machen, nicht allein auf Pilgerschaft zu sein
Das ökumenische Miteinander an diesem Tag solle Anlaß sein, Versprechen zu erneuern, sagte der Willershausener Pfarrer Manfred Gerland in seiner Predigt. Von den Kindern werden die Erwachsenen immer wieder erinnert, daß ein Versprechen etwas wichtiges sei, zu dem man stehen solle. "Versprochen ist versprochen" war auch das Leitwort des Pilgertages. Pfarrer Gerlach: "Das Versprechen Gottes steht am Anfang unseres Lebens". Viele Versprechen würden im Laufe des Lebens gegeben, doch hinge man damit oft in der Luft. Banalitäten und Alltäglichkeiten wischten sie weg. Oft fehle die Kraft, dem Bösen entgegen zu treten und zu seinen Versprechungen zu stehen, sei es gegenüber den Mitmenschen, dem Ehepartner oder gegenüber Gott. Die Kraft, die den Christen in der Taufe geschenkt werde, könne dabei helfen
Eine besondere Weggemeinschaft erlebten Wallfahrer aus Heiligenstadt, die eine alte Tradition wiederbelebten. Vor 350 Jahren pilgerten zum ersten Mal Wallfahrer von Heiligenstadt zum "Gehülfen", vor 40 Jahren zum letzten Mal. Zehn Jahre nach der Grenzöffnung soll der Brauch wieder gepflegt werden
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.06.1999