Mittelalterliche Buchmalerei in Sonderausstellung zu sehen
Bautzner Domschatzkammer
Bautzen - Unter dem Titel "Im Anfang war das Wort" hat die Domschatzkammer St. Petri in Bautzen am 4. Juni eine Sonderausstellung über mittelalterliche Buchmalerei in liturgischen Handschriften der Lausitz eröffnet. Bis zum 30. September können die Besucher Handschriften aus drei Jahrhunderten, von 1230 bis 1350, eine Thorarolle aus der Zeit um 1700 und einige Faksimile von Handschriften aus der Vatikanischen Bibliothek in Rom anschauen
Die Handschriften stammen aus den beiden Zisterzienserinnenklöstern der Lausitz, St. Marienthal und St. Marienstern, der Domstiftsbibliothek St. Petri in Bautzen und der Christian-Weise-Bibliothek in Zittau. Die Thorarolle ist eine Leihgabe der Jüdischen Gemeinde in Dresden. Die Faksimile von Handschriften der Vatikanischen Bibliothek in Rom gehören dem Bistum Dresden-Meißen
Die Handschriften wurden in Bild und Text in Böhmen, der Lausitz, Nordfrankreich und Sachsen geschaffen. Ein großer Teil der sächsischen Handschriften wurde in dem bedeutendsten Zisterzienserkloster des alten Bistums Meißen, Altzelle bei Nossen, geschrieben und gemalt. Auch die Thorarolle ist eine sächsische Arbeit
Bei einigen Handschriften sind auch die Schreiber bekannt. So wirkten in Altzelle zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Schreiber Johannes Helbig, Johannes von Freiberg und Andreas von Roßwein. Im Bautzner Domkapitel betätigte sich der Domherr Johannes Tewber aus Liebenwerda als Schreiber, in Zittau der Komtur der Johanniterkommende und Pfarrer an der Stadtkirche St. Johannes, Johann Gottfried von Goldberg. Von ihm zeigt die Ausstellung ein Mis-sale, das 1435 geschrieben und mit Miniaturen geziert wurde. Die Erste Sächsische Landesausstellung "Zeit und Ewigkeit" 1998 im Kloster St. Marienstern gab den vielen Besuchern bereits einen Einblick in den Reichtum sächsischer Buchmalerei
Die Sonderausstellung der Domschatzkammer hat Handschriften aus der Lausitz ausgewählt. Das Hauptthema der Ausstellung "Im Anfang war das Wort" verweist darauf, daß die hohe Ehrfurcht vor dem Wort Gottes, die große Freude, dieses Wort besitzen zu dürfen und daraus sein Leben zu gestalten, maßgebend die kunstvolle Gestaltung der Handschriften bestimmt und in späterer Zeit für ihre Erhaltung und Bewahrung bis auf den heutigen Tag gesorgt haben. In Schrift und Bild begegnet der Benutzer einer solchen Handschrift der göttlichen Offenbarung. Die Bilder lassen gleichsam den Inhalt des Wortes durch die Seele sehen und betrachten, und dann versucht der Geist, die Texte zu erfassen. Die Handschriften sind so gestaltet, daß eine doppelte Form der Begegnung erfolgt: "Schreibe das Gesicht und male es auf eine Tafel" (Hab 2,2)
Bis zum 30. September ist die Ausstellung in der Bautzner Domschatzkammer St. Petri montags bis freitags von 10-12 und 13-16 Uhr geöffnet
Dr. Siegfried Seifert
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.06.1999