Grosses Wiedersehen von Ehemaligen beim Gemeindefest

Saalfeld (leo) - Anläßlich des 1100jährigen Jubiläums der Stadt Saalfeld fiel das Gemeindefest der Corpus-Christi-Gemeinde am vergangenen Wochenende etwas größer aus: Alle ehemaligen Gemeindemitglieder, die Saalfeld verlassen haben und noch erreichbar waren, wurden am Samstag abend zu einem festlichen Treffen eingeladen

Neben der Freude über das Wiedersehen war den über 150 Teilnehmern das gemeinsame Erinnern an die wechselvolle Geschichte der Gemeinde wichtig. Pfarrer Kramer freute sich über die lebhafte Teilnahme an dem Treffen und betonte, wie wichtig das gemeinsame Erinnern für die Identität einer Gemeinde ist

Chronist Joachim Deutsch berichtete über Daten und Fakten der Geschichte der Saalfelder Katholiken. Nach der Reformation erwachte erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts langsam wieder katholisches Leben in Saalfeld. Eine Gemeindekirche gibt es wieder seit 1906

Eine Gesprächsrunde ehemaliger Gemeindemitglieder brachte liebenswerten Details des Gemeindelebens von 1945 bis in die 50er Jahre wieder in Erinnerung: War es die Motorradfahrt als Ministrant mit dem Kaplan zu einer Außenstelle der Pfarrei, das heimliche Entwenden des pastoralen Motorrads oder das Fußballspielen mit dem Kaplan auf dem Kirchhof - das Gemeindeleben der Jugendtage in Saalfeld war vielen Teilnehmern noch lebendig vor Augen. Unvergeßlich waren vielen die Jugend- und Kindergruppen, die Tanz- und Theatergruppen und der Ministrantendienst

Für alle wichtigen Ereignisse der Nachkriegsjahre fanden sich Zeugen: Das Fest anläßlich des Besuchs des Würzburger Bischofs Julius Döpfner 1948, das als das letzte öffentliche Fest der Gemeinde in die Geschichte einging, die Fronleichnamsprozession des Jahres 1952, die nur dank der Intervention von Pfarrer Albrecht Aulbach beim thüringischen Ministerpräsidenten stattfinden konnte, oder die anschließende Firmung waren für viele Gemeindemitglieder prägende Ereignisse

Schmerzliche Erinnerungen der Heimatvertriebenen an die ersten Jahre in Mangel, Hunger und Kälte flossen ebenso ein. Doch in der Gemeinde habe man "Aufnahme als gleichberechtigte Gemeindemitglieder, nicht als lästige Fremde" gefunden, erinnert sich eine Vertriebene. Den Jugendlichen habe die Tür zum Pfarrhaus immer offengestanden

Ein wichtiger Zeuge für die Geschichte der Gemeinde war Pfarrer Kaufmann: Er war von 1950 an Kaplan in der Gemeinde, bevor seiner Tätigkeit ein jähes Ende gesetzt wurde: 1951 wurde er verhaftet und ausgewiesen. Er konnte jedoch im Herbst 1951 über Berlin wieder eingeschleust werden und war bis 1957 Kaplan in Saalfeld. Auch er erinnerte sich daran, wie er gegen den Widerstand der Polizei eine Fronleichnamsprozession durchgesetzt hatte: "Als Kapläne konnten wir uns das erlauben, obwohl auch wir immer mit einem Bein im Gefängnis standen."

Durch seinen Mut war Kaplan Kaufmann in der Gemeinde besonders beliebt, erinnert sich Schwester Veronika Stauch. Als gebürtige Saalfelderin kam sie durch das St.-Gertrudis-Heim in Kontakt zu den Würzburger "Schwestern des Allerheiligsten Erlösers" und trat dem Orden bei. Heute ist sie Generaloberin des Ordens mit etwa 700 Schwestern in Deutschland, Amerika und Afrika

Studierverbot, Jugendweihe und Unfreiheit zwangen viele Mitglieder in den 50er Jahren dazu, die Gemeinde gen Westen zu verlassen. Das geschah jedoch nicht ohne Gewissensbisse, wie ein Betroffener schildert. "Hätten wir als Christen nicht in der DDR bleiben müssen, um hier etwas zu bewirken?"

Der Zeitraum von den 50er Jahren bis in die Gegenwart, die verschiedenen Pfarrer und Kapläne, die das Leben der Gemeinde prägten, die Entwicklung des Gemeindelebens sowie einige bauliche Veränderungen wurden in Form von gut gelaunten Moderationen und durch historische Aufnahmen verdeutlicht

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 23 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.06.1999