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Aus der Region

Grüsse aus Marx an der Wolga

Weihbischof Clemens Pickel

In diesen Tagen ist es ein Jahr her, daß der aus dem Bistum Dresden-Meißen stammende Clemens Pickel in Marx an der Wolga zum Bischof geweiht wurde. In einem kurzen Gruß aus diesem Anlaß schreibt er über das, was ihn nach einem Jahr Bischofsdienst bewegt:

Bei uns ist es ebenso heiß, wie im vorigen Jahr, am Abend noch 31 Grad ohne Sonne! Das ideale Wetter für Frösche und Mücken fordert geradezu heraus unter der Devise: "Sei ein Frosch, sonst macht man dich zur Mücke!" Leitungswasser ist wieder zum Fremdwort geworden. Was das bedeutet, ist in Worten unmöglich nachzufühlen; ebenso auch, was es heißt, Pfarrer mit einem vollen Bischofskalender zu sein

Wir haben Sommerferien, das heißt Hochsaison für Kinder- und Jugendarbeit. Daß ich nebenbei die Wohn- und Arbeitsräume in Saratow einzurichten habe, ist zu einem kleinen Alptraum geworden, seitdem vorgestern in meinem Auto die Heckscheibe eingeschlagen wurde und eine neue erst in drei Wochen von der Werkstatt besorgt werden kann

Ernst beiseite! - Das Leben ist viel schöner. Zwar tut es mir wirklich leid, daß ich nicht für alle und alles wirklich Zeit habe. Aber es ist zum Glück nicht meine Schuld, darum versuche ich, es getrost dem "Schuldigen" in die Hände zu legen. Meine "Gemeinde", -wenn ich "Marx" noch so nennen darf - wird mir langsam fremd. Ich bin kaum noch da. Trotzdem habe ich sie sehr gern. Gut, daß mich mein Generalvikar vertritt

Im ersten Jahr nach meiner Bischofsweihe habe ich über 50 000 Kilometer im europäischen Teil Rußlands zurückgelegt, um die Situation meiner 32 Priester vor Ort kennenzulernen. Jetzt kann ich mir langsam ein Bild, und hoffentlich bald auch einen Plan machen, was weiter werden soll

Seit Februar habe ich das Bistum in sechs Dekanante geteilt. Im Auftrag der Bischofskonferenz trage ich Verantwortung für die Kommissionen "Seelsorge und Berufung" und "Jugend, Laien, neue geistliche Bewegungen". Sehr froh war ich, als ich bei meinem letzten Aufenthalt in Deutschland in einer Tageszeitung ein Zitat von Kardinal Ratzinger fand, der in den vielen Gremien der Kirche eine Quelle der Ohnmacht sah

Auch im Aufbruch charismatischer Bewegungen sehe ich nicht das "Allheilmittel". Aber ich bin davon überzeugt, daß es eine schöne Zukunft für die Kirche gibt. Meine Besuche an verschiedenen Plätzen Rußlands, auch so manche Einladung nach Deutschland, Freunde, am allermeisten aber tatsächlich die alltägliche Gegenwart Gottes haben mir Vertrauen und Vorfreude geschenkt, auch wenn noch ein weiter Weg zu gehen sein sollte. Es gibt die neuen Wege, die weder im ängstlichen Festklammern am Alten, noch im innerkirchlich-atheistischen Fortschritt bestehen

Eine wichtige Rolle spielen dabei die Priester. Darum begehen wir in diesem Jahr zum fünften Mal das Herz-Jesu-Fest als Gebetstag um die Heiligkeit der Priester. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dieses Anliegen allen ans Herz zu legen

Weihbischof Clemens Pickel, Saratow

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 24 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 20.06.1999

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