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Bistum Görlitz

Familienband gehört seit 16 Jahren zur Gemeinde

Hoyerswerda

Hoyerswerda - "Ob das vielleicht sowas wie die Kelly-Family ist" fragen viele. Zugegeben, der Name "Familienband" klingt ganz danach. Und doch hat die Familienband der Hoyerswerdaer katholischen Gemeinde mit den langhaarigen Iren und ihrer Musik nicht allzuviel gemeinsam. Der Name entstand eher aus einer Verlegenheit heraus und ist nicht von der Entstehungsgeschichte der Band zu trennen. Die reicht schon 16 Jahre zurück, als Karl-Heinz Grimm noch Pfarrer in Hoyerswerda war. Damals gründete er eine Jugendgruppe, die stark von der Fokolarbewegung geprägt war. Dort sangen die Jugendlichen die Lieder der Bewegung - irgendwann dann auch mal im Gottesdienst.Von da war der Schritt zur festen Formation nicht mehr weit, und weil ihnen spontan nichts anderes einfiel, nannten sie sich schlicht und einfach "Jugendband"

Einige Jahre später änderten sie den Titel dann in "Familienband". Es kam ihnen komisch vor, wenn sich der Pfarrer nach dem Gottesdienst bei der Jugend für die musikalische Ausgestaltung bedankte und dabei auf gestandene Erwachsene zeigte, die mittlerweile zum Teil schon Familien hatten. Von dem alten Kern sind auch heute noch einige dabei

Über die Jahre sind die eigenen Kinder größer geworden. Manchmal singen sie sogar mit. Wegen der Kinder ist es für die Musiker auch nicht so einfach, Einladungen von Gemeinden anderer Orte anzunehmen. Nur ein Beispiel: Familie Tietz hat drei Kinder. Da ist es ziemlich kompliziert, am Wochende öfter mal unterwegs zu sein. Doch eigentlich sind viele Auftritte in anderen Städten auch gar nicht das Ziel der "Familienbandler". Sie verstehen sich als Pfarrband und wollen in Zusammenarbeit mit dem Pfarrer der eigenen Gemeinde im Gottesdienst das Evangelium mit musikalischen Mitteln ein Stück näher bringen, es auf ihre Art erlebbar machen

Diese Einstellung tragen alle acht Musiker mit. Aber das war nicht immer so. Es gab schwierige Zeiten. Bei der wechselnden Besetzung gab es auch Mitglieder, die andere Prioritäten im gemeinsamen Musizieren setzten. Manchmal sei es da nicht so einfach gewesen, die unterschiedlichen Ziele unter einen Hut zu bringen, meint Thomas Wörfel, Mitglied in der Familienband

Der Band kommt es nicht auf Perfektionismus um jeden Preis an. Das heißt jedoch nicht, daß sie schlecht wären. Erst kürzlich sagte jemand, der eine ältere Aufnahme der Band hörte: "Mensch, wart ihr gut". Auch bei ihren heutigen Auftritten ist Lob nicht selten, beispielsweisezur Einweihung der neuen Malteser-Geschäftsstelle in Hoyerswerda

Die überwiegend ruhigen Lieder singen die jungen Erwachsenen meist zwei-, selten auch mal vierstimmig. Bei den Instrumenten herrscht Vielfalt. Geige und Flöte, Querflöte, Gitarre, Baßgitarre und Keyboard sorgen genauso für den Sound der Band wie die Percussion-Instrumente, etwa Bongo- und Kongatrommeln. Selbst geschrieben sind die Lieder allerdings nicht. Sie sind größtenteils von zwei Jugendbands der Fokolare übernommen. "Genrosso" und "Gen Verde" heißen diese und sind schon fast so etwas wie Vorbilder für die Hoyerswerdaer. Schon mehrmals konnten sie diese Bands live erleben

"In den Liedern geht es um Gott und um Liebe" erzählt die Schülerin Elisa, die zum neuesten Band-Nachwuchs gehört, und: "Man kann sie auch am Lagerfeuer singen". Manchmal machen die Hobby-Musiker davon Gebrauch. Wenn sie außerhalb der Proben mal gemütlich zusammensitzen, kann es schon vorkommen, daß einer die Gitarre vorholt, und sie legen los - einfach so, weil es auch denen, die seit Jahren mitsingen, immer noch Spaß macht

An einen besonderen Glanzpunkt unter ihren Auftritten können sich die Band-Mitglieder nicht erinnern. Zufrieden sind sie immer dann, wenn sie merken: Die Musik kommt gut an. Da seien Auftritte bei großen Festgottesdiensten nicht unbedingt die schönsten gewesen, weil es dort sehr hektisch zuging. In Erinnerung blieben eher die, wo sie sich selbst einfach wohlfühlen und die Gemeinde mit den Liedern ansprechen konnten

Zweimal im Jahr werden die Gemeinde-Musiker ihrem Stil untreu und singen in Görlitz, wo Pfarrer Grimm seit 1989 die Heilig-Kreuz-Gemeinde betreut. Dann verbringen sie ein ganzes Wochenende mit ihrem Jugendpfarrer, der für viele von ihnen wie ein väterlicher Freund ist. Wie eine Tankstelle sei das für sie. Diesen "Luxus" können sie sich auch mit ihren insgesamt neun Kindern leisten, weil in der Görlitzer Pfarrwohnung mittlerweile jeder schon ganz genau weiß, in welcher Ecke er seine Matratze hinlegen und das müde Haupt betten kann

Die Gemeinschaft miteinander ist für die Musiker überhaupt wichtig. Das gehört zur Familienband wie der Deckel zum Topf. Auch während der Probenzeit macht sich diese Verbundenheit bemerkbar. Bevor es so richtig mit der Musik losgeht, nehmen sie sich eine halbe Stunde Zeit, damit jeder erzählen kann, wie es ihm geht, was die Arbeit macht, in welcher Situation er gerade steckt. Früher haben sie auch viel miteinander gebetet. Während sie das erzählt, überlegt Lydia Tietz, daß sie sich wieder etwas intensiver darum bemühen müßten. Das gemeinsame Gebet und die Bemühung, daß "sie sich miteinander grün sind", gehörten zu ihren Idealen , als sie anfingen. 16 war Lydia Tietz damals und ist erstaunt, daß das schon so lange her ist. Doch die Gemeinschaft bedarf der Bereitschaft jedes einzelnen, sich mit einzubringen, auch dessen sind sie sich bewußt

Über die Jahre hat die Band Höhen und Tiefen erlebt. Das trainiert. Deshalb steht heute auch nicht gleich das Band-Leben auf dem Spiel, wenn mal eine Schwierigkeit auftaucht. Von der ursprünglichen "Mannschaft" sind nach all den Jahren noch fünf der ehemals 20 Jugendlichen übriggeblieben. Viele gingen wegen der Ausbildung oder dem Studium. Manche kamen dann nach Jahren zurück und stiegen wieder in die Band ein. Andere kamen dazu, die nicht zur Anfangsbesetzung gehören

Ohne den harten Kern hätte die Formation vielleicht nicht überlebt. Doch auch über neue "Mitstreiter" freut sich die Familienband, wie über Elisa und Veronika. Die beiden sind vor noch nicht allzulanger Zeit dazugestoßen. Trotzdem haben sie schon ein knallhartes Programm mitgemacht. Denn in letzter Zeit jagte ein Auftritt den nächsten. Zum Festgottesdienst anläßlich der Umbenennung einer Straße in Adolf-Kolping-Straße haben sie gesungen, Fronleichnam und zum Muttertag. Auch zur Primiz von Norbert Lortz, der aus der Hoyerswerdaer Gemeinde stammt, durften sie nicht fehlen. In nächster Zeit stehen noch Auftritte zum Gemeindefest und im Kinderhaus an, und dann ist erstmal ein wenig Zeit zum Verschnaufen

Freitags abends um acht Uhr beginnt die Bandprobe - oder sollte man ehrlicherweise doch gleich halb neun sagen ...? Dann müssen alle Instrumente unter einen Hut gebracht werden. Meist wird das geprobt, was gerade am nötigsten ist - manchmal nur der Gesang, ein anderes Mal einzelne Instrumente

Auch außerhalb der Probenzeiten sehen sich die Familienbandler. Oft sind dann die Ehepartner und Kinder mit dabei. So sind sie viel mehr als eine Pfarrband, eigentlich ein Familienkreis, in dem sie versuchen wollen, ein Stück lebendige Kirche zu sein

Natürlich, so meinen sie, könne man den Namen "Familienband" neu interpretieren - in Anlehnung an ein Lied aus ihrem Repertoire mit dem Titel "Weil wir alle Kinder eines Vaters sind". Bei diesem Lied fällt ihnen immer der Auftritt auf einem Hoyerswerdaer Markt ein. Damals mußten sie lachen bei der Vorstellung, daß die zumeist nichtgläubigen Zuhörer diese Textzeile wörtlich nehmen könnten

Und auch daran erinnern sich die Männer und Frauen mit einem Schmunzeln: Vor einigen Jahren nahmen sie sich vor: Mit 30 ist Schluß. Mittlerweile haben die meisten von ihnen diese Schwelle übertreten. Das Alter, mit dem sie aufhören wollen, Familienband zu sein, haben sie vorsichtshalber erst einmal auf 40 erhöht

Juliane Hutmacher

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 25 des 49. Jahrgangs (im Jahr 1999).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.06.1999

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