Ostdeutsche Länder wollen Beratungsstellen weiter fördern
Schwangerschaftskonfliktberatung
Leipzig / Magdeburg / Erfurt / Potsdam (kna/tdh) - Die katholische Kirche wird in den ostdeutschen Ländern die Schwangerschaftskonfliktberatung voraussichtlich im gesetzlichen Rahmen fortführen können. Seitens der meisten Länder gibt es Hinweise oder bereits Zusagen, daß die kirchliche Beratung auch künftig finanziell gefördert wird
Der Magdeburger Bischof Leo Nowak hat bei einem Treffen mit Sachsen-Anhalts Frauenministerin Gerlinde Kuppe (SPD) zugesagt, daß die Schwangerschaftskonfliktberatung der katholischen Kirche weiter auf der Grundlage des geltenden Rechts erfolge. An der Beratungspraxis werde sich auch nach der Veränderung des Beratungsscheins nichts ändern. "Sie erfolgt weiter im Interesse des Schutzes des ungeborenen Lebens zielorientiert und dennoch auf der Grundlage des Gesetzes ergebnisoffen", sagte Nowak wörtlich. Bischof Nowak betonte, es sei nicht Ziel der Kirche, schwangere Frauen, Beraterinnen und Ärzte zu verunsichern. Der neue Satz auf dem Beratungsschein, wonach dieser nicht zu einem straffreien Schwangerschaftsabbruch verwendet werden könne, dokumentiere allein die grundsätzliche Position der Kirche gegen Schwangerschaftsabbrüche. Ministerin Kuppe sagte, der Zusatz habe keine strafrechtliche Relevanz. Der Schein bleibe "die legitime Grundlage für eine Frau, ohne rechtliche Konsequenzen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen"
Nicht nur die betroffenen Frauen, sondern auch Beraterinnen und Ärzte seien durch den Zusatz auf dem Beratungsschein verunsichert. Darauf verwiesen Mitarbeiterinnen der Schwangerschaftsberatungsstelle des Sozialdienstes Katholischer Frauen in Deutschland (skf) in Leipzig gegenüber unserer Zeitung. Es sei möglich, daß Frauen in Schwangerschaftskonflikten jetzt von den katholischen Beratungsstellen nicht mehr erreicht werden könnten, sagte Uta Irmscher, die Leiterin der Beratungsstelle. Eine Schwierigkeit sehe sie auch in der schriftlichen Zusage bestimmter Hilfen an die Frauen im sogenannten Beratungs- und Hilfeplan. So habe das Land im vorigen Jahr kurzfristig die Richtlinien für die Vergabe von Stiftungsgelder geändert und die Hilfen um 200 Mark gekürzt. Einige Frauen, denen ursprünglich eine höhere Hilfe in Aussicht gestellt worden sei, hätten sich daraufhin bei den Beraterinnen beschwert. Notwendig sei ein weiterer Ausbau der finanziellen Hilfen, betonte Barbara Leonhardt von der Leipziger Beratungsstelle. "Die Probleme werden größer, wenn die Kinder größer werden." Die bisherigen finanziellen Hilfen erstrecken sich aber im wesentlichen auf die Zeit der Schwangerschaft und Geburt sowie die ersten drei Lebensjahre des Kindes
Äußerungen der sächsischen Landesregierung lagen zu Redaktionsschluß noch nicht vor. Ein Sprecher verwies auf ein bevorstehendes Gespräch mit Vertretern der Kirche
In Thüringen werden die katholischen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen weiter vom Land gefördert. Auch nach der Modifizierung des Beratungsscheins durch die Kirche würden die Personalkosten der fünf Beratungsstellen der Caritas voll finanziert, teilte der Sprecher des Sozialministeriums, Christoph Katzenberger, in Erfurt mit. Zudem werde ein Sachkostenzuschuß von insgesamt rund 45 000 Mark jährlich gewährt
Für Brandenburg kündigte Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) an, sie wolle die künftige Praxis in den katholischen Beratungsstellen beobachten lassen. Das Land werde sorgfältig prüfen, welche Auswirkungen der modifizierte Schein auf die Beratungstätigkeit habe. Nicht nur der Staat, auch die Frauen und Ärzte müßten den Zusatz auf dem Schein akzeptieren. Dieser dürfe Mediziner und hilfesuchende Frauen jedoch nicht so stark verunsichern, daß eine ordnungsgemäße Arbeit nicht mehr möglich sei. Hildebrandt sagte weiter, die katholischen Stellen sollten ihre Arbeit "so segensreich wie bisher" fortsetzen. Die Entscheidung der deutschen Bischöfe in dieser Frage bezeichnete die Ministerin zugleich als "nötigen, aber unerträglichen" Kompromiß
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.07.1999